Max Geschwill: Kapitän und Führungsspieler mit 21 Jahren
Das Kompliment kam von einem ehemaligen Akteur aus der TSG-Akademie. In der Halbzeit ging Nicolai Rapp, der mit der Hoffenheimer U19 im Jahr 2014 Deutscher Meister geworden war, auf Max Geschwill zu. „Er hat mir kurz gesagt, dass ich ein guter Spieler bin, und den Daumen gehoben.“ Nach der Partie folgte dann noch das Lob eines weiteren Gegners. „Terence Boyd hat mir die Hand gegeben und gemeint, dass ich eine gute Leistung gebracht habe.“ Passiert ist das alles beim Testspiel der U23 gegen den Zweitligisten 1.FC Kaiserslautern, bei dem Geschwill, der Kapitän des Hoffenheimer Profi-Unterbaus, in der Tat eine sehr souveräne Leistung abgerufen hatte – ruhig, abgeklärt, aber auch körperlich präsent, was etwa in einigen Lauf- und Zweikampfduellen augenscheinlich wurde.
Gleichwohl: Am Ende setzten sich dennoch Rapp und Co. mit 2:0 durch, und auch Boyd trug sich einmal für die Pfälzer in die Torschützenliste ein. „Wir haben in diesem Spiel gesehen, wo es noch Unterschiede zu einem abgezockten Profiteam gibt. Wir waren nicht schlechter, Kaiserslautern war aber total abgeklärt“, ordnet Geschwill den Probelauf gegen den Zweitligisten ein, wohl wissend, dass die Hoffenheimer dennoch auf ihn aufbauen konnten.
Geschwill selbst greift in der aktuellen Vorbereitung wieder voll an, nachdem er in der Hinrunde der aktuellen Saison zeitweise verletzt ausgefallen war. Wenn er zur Verfügung stand, spielte er immer – elf Mal über die vollen 90 Minuten. Das ist ein Privileg in einer U23-Mannschaft eines Bundesligisten, in der es von Wochenende zu Wochenende immer wieder – aus unterschiedlichen Gründen – Rotationswellen gibt. Den 21-Jährigen betreffen diese aber nicht, aus gutem Grund: Geschwill führt „Hoffe zwo“ seit dieser Saison als Kapitän aufs Feld. Er ist einer der Anker von Cheftrainer Vincent Wagner auf dem Platz.
In der Halle entdeckt
Max Geschwill trägt seit seinem Wechsel in die TSG-Akademie im Jahr 2013 erstmals die Spielführerbinde. „In der Vorbereitung hatte ich mich mit Nick Proschwitz abgewechselt, kurz vor dem Saisonstart hat der Trainer dann mit mir gesprochen und mir mitgeteilt, dass ich der Kapitän sein werde. Ein bisschen überrascht hat es mich zwar schon, mein Spiel habe ich dadurch aber nicht grundsätzlich verändert. Auf dem Platz bin ich ein Spieler, der seine Kollegen natürlich auch coacht, aber bestimmt kein Lautsprecher, der ständig spricht. Ich versuche, mit Leistung voranzugehen und dementsprechend meine Rolle zu definieren.“ Was ihm gut gelingt, schließlich haben sowohl Geschwill als auch die Hoffenheimer U23 generell bisher eine starke Saison gespielt und sich gesteigert im Vergleich zu den Vorjahren. „Wir hatten zu Saisonbeginn noch ein paar Probleme, haben da auch viele Gegentreffer kassiert, konnten das aber recht schnell beheben.“ Der Sprung auf Platz sechs bis zur Winterpause war der Lohn. Bis auf Platz zwei sind es aktuell nur drei Zähler Rückstand – und „Hoffe zwo“ hat noch zwei Nachholspiele in der Hinterhand.
Für Geschwill ist es die dritte Spielzeit in der TSG-Reserve. In Hoffenheim schnürt er seit der U13 die Fußballschuhe. Während der Hallensaison 2012/13 war er von Wolfgang Heller, langjähriger U15-Coach in der TSG-Akademie und heute Koordinator des Individualtrainings, entdeckt worden. Geschwill ist beim VfL Mainhardt großgeworden, die D-Junioren der SG Mainhardt/Michelfeld/Bibersfeld hatte er unterm Dach zu einigen Erfolgen geführt. Mit seinem Heimatteam spielte er seinerzeit noch in der Bezirksliga und machte sich keinen großen Kopf darum, ob er irgendwann mal eine Laufbahn als Leistungssportler einschlagen wird – glänzte aber bei der Spielgemeinschaft als Dreh- und Angelpunkt und Torschütze vom Dienst. Heller beobachtete Geschwill noch mal im Feld, danach luden die Verantwortlichen aus der TSG-Akademie ihn zum Probetraining ein. „Da war ich natürlich etwas nervös. Wir waren aber insgesamt drei Probespieler, das hat die Situation etwas lockerer gemacht“, erinnert er sich zurück. Nach zwei Einheiten wurde der Wechsel in die TSG-Akademie finalisiert.
Highlight in der Youth League, vier Mal im Bundesligakader
Geschwill war über die Jahre in den Hoffenheimer Juniorenteams zunächst im defensiven Mittelfeld gesetzt, erst ab der U19 orientierte er sich in die Verteidigung – wenngleich er den Schritt zum festen Innenverteidiger in der U23 vollzog. Der Höhepunkt seiner Zeit als Jugendfußballer ist schnell ausgemacht: Der heute 21-Jährige zählte zum Hoffenheimer U19-Jahrgang, der in der Saison 2018/19 an der UEFA Youth League teilnahm und das Final Four in Nyon erreichte. Im Viertelfinale schalteten die Hoffenheimer Real Madrid vor 6.350 Zuschauern im ausverkauften Dietmar-Hopp-Stadion mit 4:2 aus. Geschwill traf dabei zum 1:0 und bereitete das 2:0 vor. „Für mich ist es gut gelaufen in diesem Spiel. Was die Stimmung betrifft, war es das bisher größte Erlebnis für mich.“ Überhaupt behielt er die Zeit in der U19 in guter Erinnerung: Geschwill war seinerzeit bei der Familie Haberland um Uta und Edgar, die ebenfalls in der TSG-Akademie in der Verwaltung und im Facility Management tätig sind, in Hoffenheim untergebracht, mit insgesamt vier weiteren Akteuren (Benedikt Landwehr, Niklas Mahler, Tim Linsbichler, Benjamin Wallquist). „Die Haberlands haben sich immer super um uns gekümmert, und mit den vier Jungs in der WG war ohnehin immer etwas los. Wir hatten sehr viel Spaß zusammen.“
Getoppt worden wären die Erfahrungen in der U19 um ein Haar im Januar 2021. Damals stand Geschwill gerade seine erste Saison im Kader der U23, trainierte aber auch immer mal wieder bei den Profis mit – und wurde vier Mal in Folge vom damaligen Coach Sebastian Hoeneß für das Bundesliga-Spieltagsaufgebot nominiert. Er erlebte die Partien beim FC Schalke 04 (0:4), gegen Arminia Bielefeld (0:0), bei Hertha BSC (3:0) und gegen den 1. FC Köln (3:0) hautnah mit, zu einer Einwechselung kam es allerdings nicht. „Klar, mein Ziel ist es, das noch einmal zu erleben und dann auch zum Einsatz zu kommen“, sagt der Innenverteidiger, der seinerzeit zunächst wieder in die U23 rückte und nach einer Partie von einer Außenbandverletzung ausgebremst wurde. In der A-Jugend hatte er bereits einen Mittelfußbruch und einen Meniskusriss auskurieren müssen, Letzteren allerdings in einer Phase, als der Spielbetrieb aufgrund der Corona-Pandemie stillstand.
BWL-Studium als zweites Standbein
Geschwill hatte seinerzeit gerade Abitur gemacht und sich im Übergangsjahr von der U19 zur U23 voll auf den Fußball konzentriert. Dass er seine Zeit abseits des Platzes auch anderweitig nutzen möchte, stand für ihn allerdings immer fest. „Ich hätte mich für ein Jura-Studium interessiert, das lässt sich mit dem Training und den Spielen aber unmöglich vereinbaren“, betont der gebürtige Schwäbisch Haller, der dafür ein BWL-Studium an einer Fernuniversität aufgenommen hat. „Das ist eine gute Grundlage. Was dann in der Zukunft noch kommt, wird man sehen.“
Der Hauptfokus liegt ohnehin erst mal weiterhin auf der Sportlerlaufbahn, die Leidenschaft für den Fußball ist dabei auch familiär bedingt: Im großen Garten im Elternhaus kickte er früher auch ab und an mit seiner Schwester Maren, die es beim TSV Crailsheim ebenfalls in die U17-Bundesliga geschafft hat, ihre Laufbahn aber derzeit zugunsten eines USA-Aufenthalts ruhen lässt.
Für Max Geschwill geht es mit der U23 ab dem 25. Februar mit dem Nachholspiel beim FC Homburg in der Regionalliga Südwest weiter. Davor warten auf ihn noch drei Testspiele, unter anderem eines gegen Kickers Offenbach, das unweigerlich Erinnerungen an die jüngere Vergangenheit hervorrufen wird. Gegen den OFC feierte Geschwill in dieser Saison am 3. Dezember nach ausgestandenem Innenbandriss seine Rückkehr auf den Platz. „Ich war gerade erst wieder seit vier Tagen im Training. In der Halbzeit kam der Trainer zu mir und meinte, dass ich durchspielen muss. Das war schon ziemlich anstrengend, denn Training und Spielpraxis sind immer zwei verschiedene paar Schuhe, insbesondere nach einer Verletzungspause.“ Als Kapitän musste er aber selbstverständlich vorangehen – und mit dem 3:1 gegen die Hessen nahm die Rückkehr auf den Platz ein gutes Ende für den jungen Spielführer von „Hoffe zwo“.