Ein früherer Nationaltrainer in der Akademie-Arena
Wer sich mit Berthold Bisselik austauscht, erlebt einen Mann, der ohne Sport nicht kann. Die körperliche Betätigung hat ihn Zeit seines Lebens nicht nur topfit gehalten, sondern ihm auch darüber hinaus viel gegeben – sie hat vor allen Dingen seine berufliche Karriere geprägt und ihn Erfahrungen als Trainer und Koordinator sammeln lassen, die er nun in der TSG-Akademie einbringen wird.
Für den gebürtigen Emmericher und verheirateten Vater zweier Söhne ist der – erstmalige – Wechsel in den Fußball auf der einen Seite ein Neuanfang – und auf der anderen keineswegs. Neu ist die Sportart. Klar, der Fußball hat auch ihn in seiner Kindheit begleitet. Es waren die 1970er-Jahre, die Zeiten, in denen sich der FC Bayern und Borussia Mönchengladbach legendäre Duelle in der Bundesliga lieferten und die DFB-Elf Europa- und Weltmeister wurde. Am Fußball kam damals kaum ein heranwachsender Sportbegeisterter vorbei. Doch Bisselik hatte eben nicht nur das runde Leder auf dem Radar. Er übte viele Sportarten mit großer Begeisterung aus: Fußball, Judo, Tennis, Leichtathletik, um nur einige aufzuzählen. Und natürlich: Basketball. Jener Sport, auf den er sich schließlich mit etwa 13, 14 Jahren spezialisierte.
Sportler unterstützen und in Szene setzen
Warum der Weg in den Fußball nun dennoch nur ein halber Neuanfang ist? Die Frage ist leicht zu beantworten: Bisselik wird in der TSG-Akademie Aufgaben übernehmen, auf denen schon in den vergangenen Jahrzehnten immer sein Schwerpunkt lag: Die Förderung von jungen Sportlern, das Arbeiten mit Talenten und ihren Potenzialen – das ist Bisseliks Hauptantrieb. Denn selbst in Zeiten, in denen er im Basketball Aktiventeams als Trainer übernahm, ließ er die Verbindungen in die Arbeit mit dem sportlichen Nachwuchs nie abreißen und hatte deren Entwicklung immer im Blick.
„Mir war es immer wichtig, Sportler in ihrer ganzheitlichen Entwicklung zu unterstützen und sie in den Mittelpunkt aller Überlegungen zu stellen. Bereits als Jugendlicher, als ich selbst noch auf dem Platz gestanden habe, war es mir eine Freude, andere in Szene zu setzen. Die Affinität, als Trainer zu arbeiten, war aber immer größer, ich habe ja bereits mit 16 Jahren angefangen, Mannschaften zu trainieren. Das hat sich dann auch während des Studiums in Köln so fortgesetzt“, erinnert sich Bisselik an seine Anfänge, an die frühen 1980er-Jahre, in denen er noch nicht absehen konnte, dass er sein Berufsleben komplett im Leistungssport als Trainer und Talenteförderer verbringen wird.
Klar war ihm damals indes, dass sich die Aussichten auf eine Lehrerlaufbahn ungleich schwieriger gestalteten. Bisselik studierte Sport und Geografie in Köln. Seinerzeit gab es allerdings so gut wie keine freien Lehrerstellen am Markt. Das Umschauen nach Alternativen prägte eine ganze Generation angehender Pädagogen.
Erste Traineraufgaben in der Basketball-Bundesliga der Frauen
Auch Bisselik schlug einen anderen Weg ein. „Mein Glück war es, dass meine Dozenten an der Deutschen Sporthochschule, Gerd Schmidt und Pit Winkelnkemper, Trainer in der Ersten Basketball-Bundesliga der Frauen bei Saturn Köln waren. Die beiden haben mich als Assistenztrainer hinzugenommen.“
Bisselik empfand das damals als große Auszeichnung – verdient hatte er sie sich mit seiner aufgeschlossenen Art, wie ihm seine beiden Trainerförderer Jahre später verrieten. „Sie meinten zu mir, dass ich von Beginn an sehr neugierig gewesen sei und mich für ganz viele Elemente des Spiels, aber auch der Trainerarbeit interessiert und offen gezeigt hätte. Deswegen haben sie mir damals die Chance gegeben.“
Bisselik nutzte sie in den darauffolgenden Jahren offensichtlich und blieb als Basketballcoach stets vollbeschäftigt – ein Novum, gerade in den 1980er-Jahren, in denen es so etwas wie hauptamtliche Trainer im Basketball eigentlich gar nicht gab. Neben seiner ersten Stelle als Chefcoach, die Bisselik bei den Zweitliga-Frauen des Walddörfer SV in Hamburg (1987/88) übernahm, arbeitete er zusätzlich beim Hamburger Basketball-Landesverband – bis er, diesmal komplett hauptamtlich, 1990 Coach des Zweitligisten SC Rist Wedel bei den Männern wurde. „Das ist auch ein Kennzeichen meiner beruflichen Stationen: Ich war bei meinen neuen Stationen oft der erste Vollbeschäftigte, bin zu Vereinen gekommen, die gerade dabei waren, sich zu professionalisieren, und habe mitgeholfen, Strukturen aufzubauen.“
Es gelang – und Bisselik schaffte es als Coach in die Bundesliga: Bei Brandt Hagen wurde er ab 1992 Assistent und 1994 mit dem Team deutscher Pokalsieger. Parallel dazu führte er die B-Junioren als Coach zum Gewinn des deutschen Meistertitels, ging also auch in der Entwicklung von Nachwuchssportlern den nächsten Schritt.
Beeindruckt von Henrik Dettmann / Dirk Nowitzki auf Videobändern
Das tat er erst recht, als ihn der Deutsche Basketball Bund (DBB) in dieser Zeit als U18-Coach und zudem als Co-Trainer der Männer-Nationalmannschaft engagierte. Er lernte sowohl die serbische als auch die finnische Basketball-Schule kennen, die den deutschen Basketball in den 1990er-Jahren prägte, indem er zunächst mit Nationaltrainer Vladislav Lučić und später mit dessen Nachfolger Henrik Dettmann zusammenarbeitete. Insbesondere von Letzterem zeigt sich Bisselik noch heute tief beeindruckt: „Henrik Dettmann hat ganz besondere Ansätze und Werte an den Tag gelegt. Die Philosophie bestand darin, dass wir als Leistungssportler die Gesellschaft bereichern, uns aber auch so verhalten müssen. Somit stand nicht nur derjenige im Fokus, der ganz oben auf der Pyramide steht und oben ankommt. Es war in jedem Fall sehr spannend, diese damals noch neuen Ansichten kennenzulernen.“
Bisselik hatte in den frühen Neunzigern auch schon einen gewissen Dirk Nowitzki auf dem Schirm, Jahre bevor der Würzburger in die NBA wechseln und zum Weltstart aufsteigen sollte. „Wir haben damals in Hagen erste Videoscouting-Strukturen aufgebaut, soweit das im Jahr 1994 möglich war. Auf unseren Kassetten ist uns Dirk dann aufgefallen.“ Mit Nowitzki steht Bisselik auch heute noch in Kontakt, arbeitet etwa mit dessen Stiftung im Rahmen des Trainerfortbildungsprogramms „GameChanger“ zusammen, an dem zuletzt auch einige Hoffenheimer Nachwuchscoaches teilgenommen haben. „Die Videoaufnahmen von damals existieren aber leider nicht mehr, wir mussten die Kassetten immer sehr schnell wieder überspielen“, verrät Bisselik mit einem Schmunzeln.
Spätestens in Hagen traf Bisselik für sich mehrere Entscheidungen, auch perspektivisch: Er wollte sich nicht mehr auf Bundesliga-Abenteuer einlassen, die ihn zu einer Station fernab der Heimat führen, und zudem der Ausbildung junger Sportler treu bleiben. Als Cheftrainer des Zweitligisten Rhöndorfer TV baute er ein Nachwuchsleistungszentrum auf, gewann zudem 2001 den Meistertitel in der 2. Bundesliga Nord und zog als Zweitligist ins Halbfinale des DBB-Pokals ein. Später führte er den ehemaligen Bundesligisten SCH Würzburg Baskets zum Meistertitel in der 1. Regionalliga Süd-Ost.
Trainerentwickler beim FC Bayern München
All diese Referenzen halfen ihm, als im Jahr 2010 der FC Bayern München entschied, seine Basketballabteilung ungleich stärker zu unterstützen als in den Jahren zuvor. „Ich habe mich damals proaktiv bei den Bayern vorgestellt“, verrät Bisselik – und die Münchner erkannten die Chance, die sich ihnen bot, vor dem Hintergrund, dass sie gerade dabei waren, im Zuge ihrer Entwicklungsoffensive auch ihren Basketball-Nachwuchsbereich umzustrukturieren. So stieg Bisselik als Cheftrainer Nachwuchs beim FC Bayern ein und arbeitete eng mit dem ehemaligen Nationaltrainer Dirk Bauermann zusammen, den die Bayern als Zugpferd für ihr Basketball-Projekt und Cheftrainer der Profis verpflichtet hatten.
„Es ging für mich vorrangig darum, die Trainer im Nachwuchs zu entwickeln und eine Durchlässigkeit nach oben herzustellen“, erklärt Bisselik, der selbst jahrelang die U16 der Münchner coachte, in seiner Münchner Zeit allerdings auch als Assistenztrainer zum Stab der Münchener Herrenmannschaft zählte, die in der Saison 2010/11 den Meistertitel in der 2. Bundesliga ProA gewann und damit den Aufstieg in die BBL schaffte. Es war also mal wieder eine Kombination aus beiden Welten – jener der der Profis und jener des Nachwuchses –, die sein Wirken prägte, und das bis zum Jahr 2019, als seine Zeit in München endete.
Danach entschied sich Bisselik erstmals für einen Sportartenwechsel – als Leiter des Hockey-Bundesstützpunktes in Mannheim zog es ihn in einer Zeit in die Region (und privat an seinen aktuellen Wohnort Wiesloch), die geprägt war durch die Corona-Pandemie. Zuvor hatte er sein Netzwerk während verschiedener Fortbildungen und Veranstaltungen erweitert – unter anderem durch eine Hospitation bei der Hockey-Nationalmannschaft, die ihm letztlich den Weg zum Hockey-Stützpunkt ebnete. „Eine ganz andere Aufgabe in einer neuen Sportart, zumal die Corona-Pandemie dafür gesorgt hat, dass viele Dinge von zu Hause aus organisiert werden mussten, was eine Herausforderung war. Die Aufgabe bestand darin, die Rahmenbedingungen für die Sportler zu schaffen. Ich habe also nicht mehr als Trainer, sondern als Manager gearbeitet.“
Koordinator U15 bis U17 in der TSG-Akademie – Bisselik erfüllt alle Voraussetzungen
Die Aufgabe habe ihm viel Spaß gemacht, vor allen Dingen die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen im Hockey-Sport, die seinen Horizont nach Jahren im Basketball noch mal auf eine andere Weise erweiterten. Den Wechsel nach Hoffenheim leitete schließlich ein zunächst ergebnisoffener Austausch mit Jens Rasiejewski ein, dem Leiter des TSG-Akademie, just zu einem Zeitpunkt, als in der Akademie-Arena in Zuzenhausen ein Koordinator und Ausbildungsleiter für die Teams zwischen der U15 und U17 gesucht wurde – und Bisselik alle Voraussetzungen für diese Stelle erfüllte.
In seiner neuen Position bei der TSG will er nun seine Philosophie einbringen, in der nicht nur Siege und Titel im Vordergrund stehen. „Natürlich will jeder Spieler und jeder Trainer gerne gewinnen. Das sind die sowieso bei allen Sportlern vorhandenen Erfolgsziele. Für mich stehen besonders die Handlungs- und Prozessziele im Fokus. Genau diese müssen wir gemeinsam formulieren, daran arbeiten, die Fortschritte erkennen und diese würdigen. Wir sollten Spieler und Trainer sehr individuell und geduldig begleiten und sie darin bestärken, eigenmächtig und selbstbewusst Verantwortung zu übernehmen. Denn das sind die Dinge, die wir beeinflussen können, im Gegensatz zu guten Tabellenplätzen und Erfolgen. Die können wir mit unserer Arbeit nur wahrscheinlicher machen.“
Um an seinem neuen Arbeitsplatz in der Akademie-Arena vom ersten Moment an direkt anzukommen, startete Bisselik seine Aufgabe schon einige Tage vor seinem offiziellen Dienstbeginn im Juli. „Ich möchte helfen, dass die DNA und Spielphilosophie der TSG transparent und durchlässig gelebt wird, sich eine Kultur von Kooperation und Partizipation sichtbar in einem Füreinander durch wertschätzendes Feedback etabliert“, betont der passionierte Wanderer und Gesellschaftsspielespieler, der in den vergangenen Wochen sämtliche Teams zwischen der U15 und U17 in der Vorbereitung begleitete und sich somit einen Überblick auf die Schnittstellen verschaffte. Bisselik abschließend: „Als Mentor und Supervisor möchte ich Ansprechpartner sein und auf Wechselwirkungsprozesse und Muster aufmerksam machen. Voraussetzung dafür sind stabile Beziehungen, die auf Vertrauen und gelingender Kommunikation in einer sicheren Lern- und Arbeitsatmosphäre basieren.“