Vincent Wagner: „Wir haben uns sehr schnell als Team gefunden“
Vince, nach eurem Testspiel in Stuttgart am Freitag (weitere Informationen: siehe unten) wartet auf euch eine Seltenheit mitten in der Saison: ein freies Wochenende. Wie wirst du es nutzen: Schaust du dir so viele Regionalligaspiele wie möglich live an oder versuchst du, etwas abzuschalten?
Da ich die meisten Teams in der Liga in dieser Saison mindestens einmal und in vielen Fällen zwei Mal live gesehen habe, werde ich die Zeit tatsächlich etwas anderweitig nutzen. Ich besuche direkt nach unserem Testspiel in Stuttgart einen früheren Fußballkollegen in St. Gallen und werde am Wochenende dann noch Zeit mit der Familie verbringen. Die Spiele der Regionalliga werde ich mir aber natürlich im Schnelldurchlauf alle ansehen. Das ist in der heutigen Zeit ja sehr gut möglich. Es verspricht ein spannendes Wochenende zu werden mit einigen schönen Spielen.
Ihr seid mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause gegangen, mit fünf Siegen und zwei Unentschieden, also sieben Spiele am Stück unbesiegt. Im Vergleich zu den vergangenen beiden Spielzeiten habt ihr sechs (2023/24) bzw. acht (2022/23) Punkte mehr auf dem Konto zum gleichen Zeitpunkt. Was ist der Grund für diese Leistungssteigerung?
Wir haben uns sehr schnell als Team gefunden und sind ergebnistechnisch schneller in der Liga angekommen als in den Jahren zuvor. Die Mannschaft bestand zu Beginn aus drei Gruppen: den „alten U23-Hasen“, die schon in der Vorsaison dabei waren, den externen Neuen und den aufgerückten U19-Spielern. Diese drei Gruppen sind gerade dabei, zu einer Einheit zusammenzuwachsen, die es braucht, um dauerhaft in dieser Liga Spiele zu gewinnen. Dass im Trainerteam Konstanz herrscht, hat dabei geholfen. Wir haben mit Carsten Kuhn und Nick Proschwitz zwar auch neues Personal dazubekommen, beide kannten den Verein aber schon sehr gut, daher konnten sie sich zügig in die Prozesse einarbeiten. Beide arbeiten fleißig und akribisch, wie jeder andere im derzeitigen Trainer- und Funktionsteam auch, mit den Spielern zusammen und bringen ihr sehr gutes Fachwissen ein. Wenn man über einen längeren Zeitraum zusammenarbeitet, baut man die gemeinsame Expertise immer weiter aus. Im dritten Jahr sind wir so etwas wie Experten für Umbrüche. Den aktuellen haben wir alle, also die Spieler, das Trainerteam und alle U23-Mitarbeiter bisher ganz gut gemeistert. Es warten aber weiterhin knackige Spiele, und wir wollen uns natürlich an den vergangenen beiden Spielzeiten messen lassen, als wir ab dem vergleichbaren Zeitpunkt bis zur Winterpause kein Spiel mehr verloren haben. Das wird jetzt die Herausforderung.
Platz drei zum Ende der Saison 2022/23, Rang drei in der Saison 2023/24 - und auch aktuell wieder die dritte Position. Es überrascht nicht, dass „Hoffe zwo“ von anderen Vereinsvertretern oder den Medien mitunter zu den Aufstiegskandidaten gezählt wird. Was sagst du dazu?
Wir sind im Erwachsenenfußball. Im Ergebnissport. Es ist immer unser Ziel, gute Ergebnisse zu erzielen. Auch das gehört zur Ausbildung. Wenn einem das gelingt, ist es die logische Konsequenz, dass man oben mit dabei bist. Und das wird dann wahrgenommen. Von daher: alles gut. Wir wissen aber genau, wie schwer es ist, in dieser Liga, einer der stärksten Regionalligen in Deutschland, eine positive Tendenz immer wieder zu bestätigen. Du darfst dir keine großen Fehler erlauben, sonst sind andere Teams zur Stelle. Um zum Favoritenkreis zurückzukommen: Da zählen aktuell mindestens die fünf Teams dazu, die auf den ersten fünf Plätzen stehen, und für mich zusätzlich auch Mainz 05 II, denn die Mainzer haben auch viele U19-Meister in ihren Reihen, die aber schon ein Jahr weiter sind als die Spieler aus unserem Double-Jahrgang.
Schweben die Kickers aus Offenbach, auch wenn sie aktuell nicht auf Rang eins liegen, als Favorit noch mal über den anderen Teams, was das Potenzial, das Umfeld und die Sehnsucht nach der Dritten Liga betrifft?
Die Offenbacher haben ihre Mannschaft zusammengehalten, mehr noch, sie haben sich auf drei, vier entscheidenden Positionen verstärkt. Trainer Christian Neidhart weiß zudem, wie es in der Regionalliga an der Spitze funktioniert. Die Kickers werden sicherlich bis zum Ende eine Rolle oben spielen. Zuletzt haben sie allerdings etwas geschwächelt, was aber auch völlig normal ist. Du wirst in dieser Liga nicht gegen jeden Gegner gewinnen und keinen Sieg auf leichtem Wege einfahren.
Tabellenführer ist vor dem zwölften Spieltag der FSV Frankfurt mit einem Torverhältnis von nur fünf Treffern im Plus - spärlich im Vergleich zur Konkurrenz. Vergangene Saison spielte der FSV noch gegen den Abstieg. Bist du überrascht vom aktuellen Spitzenreiter?
Der FSV schafft es in der Defensive oft, noch einen Fuß dazwischen zu bekommen und hat eine gute Qualität. Es muss sich zeigen, wo die Reise bei den Frankfurtern hingeht. Spannend wird dabei zu beobachten sein, ob sich ihre Statistik der Platzierung in der Tabelle annähert oder ob sich umgekehrt der Tabellenplatz der Frankfurter ihrer Spielstatistik angleicht.
Sprechen wir wieder über unser Team: Was läuft gut, wo müssen wir uns noch verbessern?
Eine Entwicklung ist in der Tabelle abzulesen. Wir haben in den ersten fünf Spielen neun Gegentreffer kassiert und in sechs Partien danach nur noch drei. Was das Verteidigen in der Box betrifft, das Reinwerfen in die Zweikämpfe, das Zeigen der nötigen Härte, haben wir definitiv einen Schritt gemacht. Wir haben im Verteidigungsverhalten aber natürlich auch noch viel Potenzial. Zur Wahrheit gehört auch, dass wir in den Partien zuletzt nicht direkt bestraft wurden. Das war zu Saisonbeginn noch anders. Wir haben nur noch wenige Chancen zugelassen, in der Partie bei den Stuttgarter Kickers etwa in der zweiten Hälfte nur noch eine am Ende, die dann am Pfosten landet. Ziel muss es aber sein, so eine Situation gar nicht erst zuzulassen.
Und in der Offensive …
… hat fast jeder Spieler schon seinen Torerfolg verbucht, was auch ein gutes Zeichen ist. Diejenigen, die noch nicht erfolgreich waren, werden das bestimmt auch bald nachholen. Da bin ich sehr optimistisch.
Wie zufrieden bist du mit den Neuzugängen?
Alle zwei Jahre fällt der Umbruch in unserer U23 größer aus, das war jetzt mal wieder der Fall. Die Integration der U19-Jungs war mit der Belastung rund ums Double im Mai und der Tatsache, dass einige auch erst mal bei den Profis mittrainiert haben, eine Herausforderung. So etwas muss sich erst finden, aber wir sind auf einem guten Weg. Über die externen Zugänge bin ich sehr glücklich. Ruben geht mit seiner Erfahrung voran, Ayoube arbeitet hart und hat sich zuletzt mit seinem ersten Treffer und auch mit den beiden Beteiligungen an den Treffern in Stuttgart belohnt. Auch Arian hat sich super eingefügt. Ahmed braucht noch etwas mehr Zeit, da er zuletzt immer mal wieder mit Wehwehchen zurückgeworfen wurde. Aber auch er weiß: Wer Gas gibt, wird spielen. Yannick ist als Torhüter noch mal in einer anderen Position, bringt sich aber gut ein und nimmt seine Rolle an.
Du hast schon angesprochen, wie erfolgreich die letzten Wochen bis zum Jahreswechsel in den vergangenen beiden Spielzeiten gelaufen sind. Setzt ihr euch bis Weihnachten ein Etappenziel, oder gilt der „Von Spiel zu Spiel denken“-Klassiker?
Es ist immer gut, von Spiel zu Spiel zu denken. Wir sind aber in einer Situation, dass es unser Ziel sein muss, weiterhin gut zu performen und nicht mehr so viele Punkte bis zur Winterpause abzugeben. Erstes Ziel wird es sein, in Kassel drei Punkte mitzunehmen nach der Länderspielpause. Das ist uns in den beiden Spielzeiten zuletzt nicht gelungen, aber aller guten Dinge sind drei …
Flo Micheler hat zu Saisonbeginn bereits den Sprung aus dem U23- in den Profikader gepackt und in der Bundesliga sowie im DFB-Pokal debütiert. Werden wir im Lauf der Saison noch weitere „Hoffe zwo“-Spieler oben ankommen sehen?
Das bleibt das oberste Ziel. Wenn man die vergangenen Spielzeiten sieht, stehen die Chancen grundsätzlich nicht schlecht. Da haben es mit „Drex“, Umut, Bamba und Joshi Quarshie ja einige Spieler aus der Zweiten in den Kader der Ersten gepackt. Also wenn ich mich festlegen muss: Ja, das ein oder andere Bundesliga-Debüt wird es bestimmt noch geben.
Das intensive Testspiel beim Drittligisten VfB Stuttgart II verlor die U23 am Freitagmittag spät mit 1:2 (1:1). Der Siegtreffer der Schwaben fiel in der Nachspielzeit. Für „Hoffe zwo“ traf Arian Llugiqi.