Luka Hyryläinen, der Hüne aus Helsinki
Luka Hyryläinen wurden die Fußball-Gene in die Wiege gelegt. Sein Vater Aki lief 25 Mal für die finnische Nationalmannschaft auf und gilt bei den Fans seines Heimatvereins HJK Helsinki als Kultspieler, weil er in der Rangliste der meisten Einsätze einen Top-15-Platz belegt und in die HJK-Hall-of-Fame aufgenommen wurde. In seiner Vita stehen neben zwei finnischen Meisterschaften und drei Pokalsiegen auch Engagements in Belgien und Dänemark, wo er mit dem FC Kopenhagen den dänischen Pokal gewann. Zwei Jahre nach seinem Karriereende 2002 wurde am 25. August 2004 Luka in Helsinki geboren. Heute ist er ein stämmiger Bursche, der Prototyp eines Skandinaviers. Groß gewachsen, besonnen, abgeklärt.
Über HJK und Frankfurt zur TSG
Im zarten Alter von fünf Jahren startete Luka seine Laufbahn in der Fußballschule von HJK, ehe er zwei Jahre später im Stadtteil Laajasalo bei LPS (Laajasalon Palloseura) weitermachte – und schließlich in der U9 zu HJK zurückkehrte. „Ich habe damals noch im Sturm auf dem Flügel gespielt und bis zur U17 alle Jugendteams durchlaufen“, erinnert sich der mittlerweile 19-Jährige, dessen Karriere im Oktober 2019 Fahrt aufnahm: In den beiden U16-Länderspielen Finnlands gegen Deutschland (1:2, 1:3), in denen auch der Hoffenheimer Umut Tohumcu auflief (und traf), hinterließ er bei Spähern von Eintracht Frankfurt einen derart starken Eindruck, dass sie Hyryläinen an den Riederwald einluden. „Ich habe mich mit meiner Familie beraten und wir haben gemeinsam beschlossen, dass ich den Schritt wagen sollte“, erzählt der Finne in sehr gutem Deutsch. Die Entscheidung pro Frankfurt fiel Ende 2019, der Wechsel erfolgte schließlich mit Vollendung des 16. Lebensjahrs, also im August 2020.
„Die Anfangszeit war wegen des Lockdowns und des damit verbundenen frühen Saisonabbruchs nicht einfach. Ich bin fünf Monate nicht aus Frankfurt rausgekommen und habe meine Familie sehr vermisst“, so Hyryläinen, der immer wieder die große Bedeutung seiner Eltern Aki und Merja sowie der beiden älteren Schwestern Jea und Etti betont, die ihn aber sehr oft in der Mainmetropole besucht haben. Der Mittelfeldspieler fand sich bei der Eintracht aller Widrigkeiten zum Trotz gut zurecht, und obwohl er sich nur in wenigen U17-Spielen zeigen konnte, durfte er die Sommervorbereitung 2021 unter dem damaligen Coach Oliver Glasner bei den Profis absolvieren. In den Folgemonaten spielte er eine überragende erste U19-Saison, wo er den TSG-Verantwortlichen nicht erst beim 1:0 der Eintracht gegen die TSG im Frühjahr 2022 positiv auffiel. Bereits im Dezember 2021 hatte es Anfragen anderer Vereine in Deutschland sowie aus Italien gegeben. Gemeinsam mit seinem Teamkollegen Mo Damar (mittlerweile auf Leihbasis bei Hannover 96) entschied er sich schließlich für einen Wechsel in den Kraichgau.
Spielübersicht beim Eishockey gelernt
Obwohl er noch im A-Jugend-Alter war, wurde Hyryläinen dem U23-Kader zugeordnet. Alles schien perfekt zu laufen, doch noch bevor er seine Wohnung in Heidelberg bezog, erlitt der Neuzugang eine Schienbeinstressfraktur, die dafür sorgte, dass er in der gesamten Saison 2022/23 kein einziges Pflichtspiel bestreiten sollte. „Das war eine sehr unschöne Zeit, die natürlich auch mental nicht einfach war. Meine Eltern haben mir aus der psychisch schwierigen Phase herausgeholfen, mein Dank geht auch an Dr. Ralph Kern und Bernd Steinhoff, die mir bei der Reha sehr geholfen haben, und natürlich an alle Physiotherapeuten und Reha-Trainer Otmar Rösch, der viel mit mir gearbeitet hat.“ Abseits des Platzes hat Hyryläinen die Zeit genutzt, um im Fernstudium sein Abitur voranzutreiben, das er so gut wie in der Tasche hat.
Als junger Heranwachsender spielte Hyryläinen neben Fußball auch noch Eishockey, das im Land des vierfachen Weltmeisters und aktuellen Olympiasiegers bekanntermaßen eine hohe Popularität genießt. Auf der Center-Position flitzte Hyryläinen im Trikot des Hauptstadtklubs Jokerit übers Eis, bis im Alter von 13, 14 Jahren auch aufgrund von Wachstumsschüben die Doppelbelastung zu groß wurde. Dem Eishockey habe er seine Spielübersicht zu verdanken, die er ebenso wie das Passspiel, die Technik und die Ruhe am Ball zu seinen Stärken zählt. „Meine Schwächen sollen andere beurteilen, aber ich denke ich kann mich in der Schnelligkeit und in der Torgefahr noch steigern.“
Die Vorbereitung auf die aktuelle Spielzeit hat Hyryläinen verletzungsfrei bestritten. „Jeder hat zum Saisonstart seine Chance bekommen. Für mich war es mit neuen Kollegen, neuen Ideen und erstmals im Männerfußball nicht so leicht, aber ich denke, es gut hinbekommen zu haben und fühle mich immer besser.“ Sein Debüt im TSG-Dress gab er am ersten Spieltag beim 1:1 in Walldorf, von bislang 21 Begegnungen bestritt er 18, allerdings keine über die volle Zeit. Derzeit sieht sich der 1,97-Meter-Hüne bei „80 bis 85 Prozent“ und sagt: „Wir haben eine richtig gute Hinrunde gespielt. Wir können es sogar noch besser und wenn wir so weiter arbeiten, werden wir einiges erreichen.“
Enge Bindung zur Familie
Hyryläinens langfristiges Ziel lautet Profi-Fußball, vorzugsweise in der Bundesliga oder in einer der europäischen Top-Ligen. Und kurzfristig? „Im März stehen EM-Qualifikationsspiele mit der U21 in Albanien und Montenegro an. Da wäre ich nach meiner langen Verletzungspause gerne wieder dabei. Ansonsten wünsche ich mir, die kommenden Monate fit zu bleiben und Erfolge mit der U23 zu feiern.“
Viele seiner ehemaligen HJK-Weggefährten spielen mittlerweile in der ersten finnischen Liga, der Veikkausliiga. „Die verfolge ich aber ehrlich gesagt nicht so sehr, mein Fokus liegt auf der Bundesliga und der Premier League“, sagt Hyryläinen, der sich auf seiner Position an Toni Kroos und Leon Goretzka orientiert. Als die beiden größten finnischen Fußballer bezeichnet er Jari Litmanen und Sami Hyypiä, die übrigens bei Aki Hyryläinens Nationalmannschaftsdebüt im Oktober 1992 (1:1 gegen Tunesien) gemeinsam mit ihm auf dem Rasen standen.
Papa Hyryläinen arbeitet seit Anfang 2023 als Sportdirektor beim finnischen Fußballverband, Mutter Merja ist Anwältin. „Eine gute Kombination“, lacht Luka. Der Vater berät in sportlichen Fragen, die Mutter in Vertragsangelegenheiten.
Ja, natürlich vermisse er Finnland, das Essen und vor allem die finnische Sauna. Aber hauptsächlich wegen der Familie, zu der er auch ausdrücklich den belgischen Schäferhund Velmu zählt. „Wenn vier Tage am Stück frei sind, sitze ich im Flieger.“ Da trifft es sich gut, dass das Fliegen, also eigentlich das Reisen, abseits des Sports sein großes Hobby ist. „Zwei Mal im Jahr“, sagt der 19-Jährige, „möchte ich eine große Reise unternehmen.“ An Familienurlaube in Asien, Las Vegas und Los Angeles erinnert sich Hyryläinen gerne. Überhaupt haben es ihm die USA angetan, umso schöner war für ihn das U23-Trainingslager im Sommer in Utah. Die nächsten Monate werden zeigen, wohin ihn seine Fußball-Reise führt.