Alle Ergebnisse TSG eSPORTS TSG IST BEWEGUNG TSG Radio
AKADEMIE
08.12.2021

Paul Ehmann: Der Doktorand auf der Trainerbank

Als U15-Co-Trainer steht Paul Ehmann regelmäßig mit den Akademie-Talenten des Jahrgangs 2007 auf dem Trainingsplatz. Dort kann er die Erfahrungen aus seiner eigenen Akademie-Zeit, aber auch aus der Dritten Liga oder den USA weitergeben. Doch den 28-jährigen gebürtigen Ludwigshafener treibt noch eine andere Leidenschaft an: Als Doktorand und Mitarbeiter des TSG ResearchLabs am Trainings- und Geschäftsstellenzentrum in Zuzenhausen geht Ehmann auch seiner wissenschaftlichen Karriere nach.

Paul Ehmann hat schon so einiges erlebt in seinem Fußballerleben – trotz seines noch jungen Alters von 28 Jahren. Vielversprechendes Talent in der TSG-Akademie, Dritte Liga mit späteren Nationalspielern, College-Soccer in den USA, und die ersten Schritte als Trainer. Von den Erfahrungen seiner abwechslungsreichen Laufbahn profitieren seit knapp zwei Jahren die U15-Jungs der Akademie, die Ehmann als Co-Trainer betreut. Eine Aufgabe, die ihm viel gibt, die aber nicht seine einzige ist.

Angefangen hat für Ehmann alles in Frankenthal. In der pfälzischen 50.000-Einwohner-Stadt begann er als Sohn einer sportbegeisterten Familie einst beim dortigen VfR mit dem Kicken. Der Mittelfeldspieler machte es so gut, dass irgendwann erste Angebote höherklassiger Klubs hereinflatterten. Mit 14 Jahren, zur Saison 2007/2008, wollten ihn sowohl die TSG als auch der 1.FC Kaiserslautern für die U15 holen. Ehmann entschied sich für den FCK. „Kaiserslautern war damals noch Zweitligist und erst kurz zuvor aus der Bundesliga abgestiegen. Die TSG war gerade erst von der Regionalliga in die Zweite Liga aufgestiegen. Deshalb hat es mich damals allein vom Namen her eher zum FCK gezogen“, erklärt Ehmann.

Wagner und Korkut als Förderer

Ein Jahr später folgte dann aber doch noch der Wechsel in den Kraichgau. „Ich hatte ein Aha-Erlebnis auf dem Betzenberg beim Spiel Kaiserslautern gegen Hoffenheim. Die TSG hat 2:0 gewonnen und den FCK quasi überrannt.“ Der starke Auftritt der damaligen Elf von Ralf Rangnick, die am Ende der Saison in die Bundesliga aufsteigen sollte, gab also den Ausschlag, um 2008 noch als U16-Spieler in die U17 der TSG zu wechseln.

Erst wenige Monate zuvor hatten die B-Junioren der Akademie die Deutsche Meisterschaft in den Kraichgau geholt und es herrschte Aufbruchstimmung rund um die TSG. Ehmanns erste Trainer hieß David Wagner. Unter dem späteren Bundesligacoach spielte der Sechser als Jungjahrgang eine ordentliche Premierensaison in der B-Jugend-Bundesliga. Auch im Jahr danach überzeugte Ehmann – nun als Innenverteidiger und wieder unter einem Trainer, der später in der Bundesliga Karriere machen sollte: Tayfun Korkut.

„Dave und Tayfun waren beide fachlich top. Unter Dave haben wir richtig intensiven Hoffenheim-Fußball gespielt und er hat mich sehr gefördert. Und Tayfun war einfach sehr herzlich zu uns Spielern, sodass man ihm und seiner Idee vom spanisch geprägten Ballbesitzfußball quasi blind gefolgt ist“, erinnert sich Ehmann. Bereits als junger Spieler tauschte er sich zudem viel mit seinen Trainern aus. „Ich habe mir schon damals Gedanken über die Trainingsübungen und Taktik gemacht. Auch aufgrund meiner Trainer, die das gefördert haben.“

Turbulente Saison 2011/12

Die Zeit in der A-Jugend hat Ehmann etwas weniger positiv in Erinnerung als seine B-Jugend-Jahre. Im ersten Jahr zog er sich in der Wintervorbereitung einen Muskelbündelriss zu, der ihn länger außer Gefecht setzte. An seine Mannschaft und seinen Coach von damals denkt er aber immer noch gerne zurück. „Wir hatten eine gute Truppe mit starken Kickern wie Jonas Hofmann oder Umberto Tedesco. Und unser Trainer Guido Streichsbier war auch ein richtig guter Typ, der einen tollen Teamgeist entstehen lassen hat.“

Ehmanns zweites U19-Jahr, die Saison 2011/12, kommt in den Annalen der Akademie nicht so gut weg. Es war die Spielzeit, in der die A-Junioren beinahe abgestiegen wären und sich erst am letzten Spieltag retteten. So richtig erklären kann Ehmann diese Saison bis heute nicht. „Wir hatten eigentlich eine richtig gute Truppe mit Spielern wie Niklas Süle, Jeremy Toljan oder Kenan Karaman und mit Alfons Higl einen sehr erfahrenen Trainer. Aber in diesem Jahr habe ich gemerkt, was das Momentum im Fußball ausmachen kann. Irgendwann sind wir einfach in einen Abwärtsstrudel geraten und haben dann lange nicht den Hebel gefunden, um uns wieder zu befreien.“

Dem Busunfall knapp entkommen

Am Ende ging es noch mal gut und Ehmann selbst konnte trotz der schwachen U19-Saison auf sich aufmerksam machen. Bereits in der Winterpause durfte er als einer von zwei A-Jugendlichen mit der U23 ins Trainingslager nach Namibia fahren. „Das war natürlich eine spannende Erfahrung – sowohl sportlich als auch kulturell. Wir hatten damals neben den Trainingseinheiten und Testspielen ein tolles Rahmenprogramm, das viele Eindrücke hinterlassen hat.“

Um das dramatische Ende dieses Trainingslagers kam Ehmann damals herum. Weil er für ein wichtiges U19-Spiel zwei Tage früher aus Namibia zurück nach Deutschland geflogen war, saß er nicht in dem Bus, der auf dem Weg zum Flughafen verunglückte. An den Moment, als er von dem Unfall erfahren hat, kann er sich jedoch noch genau erinnern: „Ich saß in der Kabine und habe die Meldung auf dem Handy gelesen. Es hat dann etwas gedauert, bis alle Infos zusammengekommen waren und ich sicher war, dass niemand gestorben ist. In der Zeit bis dahin habe ich mir natürlich große Sorgen gemacht.“

Einen Tag nach dem Unfall gewann die U19 ihr wichtiges Spiel gegen den 1.FC Kaiserslautern mit 1:0 und nach Kenan Karamans Siegtreffer richtete Ehmann einen Gruß in die Kamera des Fotografen. Mit den Händen bildete er in Gebärdensprache das Wort Namibia. Die Zeichen hatten Ehmann und seine Kollegen beim Besuch eines Schwerhörigen- und Taubstummen-Kindergartens gelernt.

Beim BVB mit Hofmann, Demirbay & Co.

Nach der turbulenten Saison 2011/12 hieß es für Ehmann dann, vorerst Abschied zu nehmen von der TSG. Zwar hätte er auch in der U23 weitermachen und in der Regionalliga Südwest auflaufen können. Doch er entschied sich für einen Wechsel zur zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund, die gerade als Meister der Regionalliga West in die Dritte Liga aufgestiegen war. Trainer der BVB-Reserve: David Wagner, sein einstiger Förderer in der TSG-U17.

Der Kader der Westfalen konnte sich vor allem nach heutigen Maßstäben sehen lassen. Unter anderem liefen die späteren deutschen Nationalspieler Jonas Hofmann, Marcel Halstenberg, Erik Durm und Kerem Demirbay für die Dortmunder U23 auf. „Ich bin sehr motiviert in die Saison gegangen, aber es hat sportlich einfach nicht gepasst“, sagt Ehmann rückblickend. Angesichts der Konkurrenz kam der Innenverteidiger lediglich am zweiten Spieltag beim Heimspiel gegen Arminia Bielefeld für eine Minute zum Einsatz.

Perfekte Kombination am College

Schon im Winter machte er sich Gedanken über seine Zukunft: „Die Profikarriere habe ich relativ schnell abgehakt, weil ich gemerkt habe, dass es für mich zu schwierig werden würde, in die erste oder zweite Liga zu kommen. Meine Freunde haben damals alle angefangen, zu studieren. Darauf hatte ich dann auch Lust.“ An den Nagel sollten die Fußballschuhe aber noch nicht und so fand Ehmann die für ihn perfekte Kombination aus akademischer und sportlicher Laufbahn: ein College-Studium in den USA. „Ehrlich gesagt habe ich mich damals gefragt, warum das nicht viel mehr Spieler machen.“

Über eine Agentur landete Ehmann an der University of California in Santa Barbara. Die kalifornische Sonne, der amerikanische Lifestyle, das Studium und der Fußball – am Anfang passte alles für den damals 20-Jährigen. Während der „General Studies“, in denen die Studenten an den Colleges in verschiedene Fächer hineinschnuppern, sprang der Funke im Fach „Psychologie“ über. Er machte es zu seinem „Major“, also seinem Studiumsschwerpunkt. Auch sportlich lief es passabel. „Wir hatten eine tolle Mannschaft mit richtig gut ausgebildeten Jungs aus Europa und Amerika und haben in der ersten Saison auch gleich die Playoffs erreicht. Die Spiele waren außerdem immer große Events, da es in Santa Barbara keine anderen großen Sportteams gibt.“

Erste Trainerschritte beim FSV Frankfurt

Nach knapp zwei Jahren zog es Ehmann 2014 dann aber auch aufgrund des Heimwehs doch wieder zurück nach Deutschland. In Frankfurt setzte er sein Psychologie-Studium fort – nur diesmal, ohne noch aktiv Fußball zu spielen. „Da war ich dann mal ein ganz normaler Student, was auch eine sehr schöne Zeit war.“ Ehmann genoss das Studentenleben in der Main-Metropole und schob auch noch mal ein Auslandssemester in Valencia ein.

Irgendwann fehlte der Sport dann aber doch und Ehmann entdeckte die Trainerschiene für sich. Zunächst beim FSV Frankfurt, wo er anfangs als Individualtrainer für die U17 und die U19 zuständig war. Später übernahm er die U16 als Chefcoach. Über ein Praktikum bei der TSG kam 2018 dann der Kontakt zum heutigen Geschäftsführer Jan Mayer sowie zum früheren Akademie-Leiter Dominik Drobisch zustande.

Vertrauensvolle Zusammenarbeit im U15-Trainerteam

Ein Jahr später holte Mayer Ehmann als Doktorand in das TSG ResearchLab und die Akademie wollte ihren früheren Spieler als Co-Trainer der U15. „Das war für mich natürlich super, denn ich konnte der Wissenschaft und der Trainerlaufbahn parallel nachgehen.“ Bei der U15 assistiert der jetzige Heidelberger seitdem gemeinsam mit Denis Bindnagel Chefcoach Andreas Lässig. Eine Kombination, die perfekt funktioniert, wie Ehmann betont: „Wir kommen alle super miteinander aus und von Andi habe ich schon viel gelernt. Er gibt mir aber auch immer wieder viele Freiräume, damit ich mich als Trainer entfalten kann. Insgesamt ist es eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und wir ergänzen uns sehr gut.“

Schon im kommenden Jahr könnte der einstige Nachwuchsspieler der Akademie seinen Doktor im TSG ResearchLab fertigstellen. Danach möchte er am liebsten weiterhin zweispurig weiterfahren. „Ich würde sehr gerne als Trainer die nächsten Schritte machen. Aber die Wissenschaft wird auch immer ein Teil von mir bleiben.“ Bei der TSG findet er dafür perfekte Bedingungen vor. Und so könnte er heute noch Carlos Eduardo und Chinedu Obasi danken, die damals am 4. April 2008 im Fritz-Walter-Stadion die beiden Tore für die TSG schossen, durch die der 15-jährige Paul Ehmann auf der Tribüne für sich entschied, doch in den Kraichgau zu wechseln und hier seinen weiteren Weg zu machen.

Jetzt Downloaden!
Seite Drucken nach oben