Helmut Neu und die alte Liebe
Helmut Neu hat den Überblick. Über die Entwicklung bei der TSG, aber auch sprichwörtlich. Wenn der 95-Jährige oben auf der Terrasse seines Hauses an der Zuzenhäuser Straße steht, hat er einen guten Blick auf den Verkehr, der durch den Ort fließt, sieht die Kennzeichen aus der ganzen Republik, aus Kiel über Köln bis nach Konstanz, die sich inzwischen für das kleine Hoffenheim, sein Dorf, interessieren. Er kennt es ja anders. Helmut Neu ist hier geboren, am 26. März 1929, „drüben in der Kreuzstraße, als Hausgeburt, natürlich“. Die TSG hat ihn stets begleitet – und er den Klub. Im Alter von 95 Jahren ist Helmut Neu das älteste TSG-Mitglied, zudem dank des offiziellen Eintrittsdatums im Jahr 1950 unter der Mitgliedsnummer 230 einer der „Dienstältesten“ in der Hoffenheimer Vereinshistorie.
Im Jahr 2000 wurde Helmut Neu anlässlich seiner 50 Jahre währenden Treue zum Ehrenmitglied der TSG Hoffenheim ernannt. Er lächelt. Ein wenig Stolz schwingt mit – und er erzählt davon, wie Vereine das Dorfleben prägen, dazugehören. Im Gesangverein ist Helmut Neu auch schon seit sieben Jahrzehnten, zählte damals zum Vorstandsteam des Tabakbauvereins, kurzzeitig war er auch bei der Feuerwehr aktiv. Bei der TSG aber ist er immer geblieben, wenngleich seine eigenen sportlichen Meriten eher spärlich ausfallen. „Ich habe immer nur in der zweiten Mannschaft gespielt“, erzählt Neu ohne jeglichen Groll. „Als Bauer habe ich ja keine Zeit gehabt, zu trainieren. Das hat für die 1. Herren nicht gelangt, aber dafür bin ich viele Jahre Sonntag für Sonntag auf den Sportplatz gelaufen zum Gucken.“
Sohn Helmut ging einst mit Heinz Seyfert auf Torejagd
Neu erinnert sich an die Duelle mit Meckesheim, Reichartshausen und Helmstadt, auch an den jungen Fußballer Dietmar Hopp, noch präsenter aber ist ihm der Geschäftsmann Hopp. „Mit Dietmar habe ich Geschäfte gemacht, ihm 1961 einen Acker abgekauft, 110 Ar groß.“ Neu benötigte das Grundstück, das Dietmar Hopp im Auftrag der Mutter verkaufte, für den Aufbau seiner Geflügelzucht – geblieben ist der gegenseitige Respekt. „Noch heute würde Dietmar nie an mir vorbei gehen, ohne mich mit Handschlag zu begrüßen.“
Man spürt, dass Helmut Neu dieses Verbindliche, dieses positiv dörfliche Ambiente mag. Man kennt sich, man hilft sich. Neu war im Gemeinderat, saß im Ortschaftsrat. Er wollte nie weg, hat diese Loyalität übertragen. Seine Söhne Helmut jr., inzwischen 71 Jahre alt, und Wilfried (Jahrgang 1966) sind dem Kraichgau treu geblieben. Beide haben selbst Fußball gespielt, der jüngere Helmut ging einst gemeinsam mit TSG-Legende Heinz Seyfert auf Punkte- und Torejagd. „Hoffe war ja eigentlich kein klassisches Fußballdorf, das war eher in Zuzenhausen so. Da sind ja auch alle Bauern hingegangen, die wurden finanziell unterstützt.“
Helmut Neu aber blieb. Bei der TSG, in Hoffenheim. Bis heute. Vier Enkel sowie fünf Urenkel zählen inzwischen zur Großfamilie. Die Geflügelzucht hatte Neu, dessen Frau Elli im Jahr 2010 verstarb, kurz nach der Jahrtausendwende aufgegeben. Die Verbindung zur TSG aber ist geblieben – am Balkon des Haues, in dem Helmut Neu mit Sohn und Schwiegertochter lebt, weht weithin sichtbar die TSG-Fahne. Einer der Ur-Enkel, gerade zehn Jahre alt, spielt noch in Zuzenhausen: „Ich denke aber, bald geht er rüber auf Hoffe“, sagt Neu und ein Lächeln umspielt sein Gesicht. Man meint, die alte sportliche Rivalität der Dörfer zu spüren. Für den 95 Jahre alten Ur-Hoffenheimer aber war das ohnehin nie eine Frage. Mehrere Familienmitglieder besitzen eine TSG-Dauerkarte, für Helmut Neu selbst ist der Gang ins Stadion nicht mehr möglich – dafür schaltet er den Fernseher ein. „Solange wir nicht absteigen, ist alles gut“, sagt er und lächelt.