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U23
24.02.2021

„Hoffe zwo“-Serie (8): Rückblick mit Tobias Strobl

TSG Hoffenheim II, U23 oder einfach nur „Hoffe zwo“ – der Unterbau unseres Bundesliga-Kaders hat viele Bezeichnungen, aber nur ein Ziel: den TSG-Talenten beim Sprung von den Junioren zu den Senioren den letzten Schliff zu verpassen. In den „U23-Wochen“ blicken wir auf ehemalige wie aktuelle „Hoffe zwo“-Protagonisten und denkwürdige Ereignisse. Heute erzählt der ehemalige TSG- und heutige FC-Augsburg-Profi Tobias Strobl, warum und wie ihn seine Zeit in der U23 geprägt hat.

Tobias, Du bist im Sommer 2011 von der U23 des TSV 1860 München zur TSG gestoßen und hast Deine Geburtsstadt gegen den Kraichgau eingetauscht. Warum?

„Das war eine schwierige Zeit. Im Januar 2009, ich war erst 18 Jahre jung, ist mein Vater an einem Gehirntumor gestorben. Ich habe mich in den darauffolgenden zwei Jahren ins Münchner Nachtleben gestürzt und war alles andere als fokussiert. Der Wechsel in den Kraichgau – ich habe während meiner TSG-Zeit im beschaulichen Wiesloch gewohnt – hat mir sehr gutgetan, denn was meine fußballerischen Ziele angeht, war es fünf vor zwölf.“

Deine Leistungen bei den Junglöwen scheinen ja immerhin noch gut genug gewesen zu sein, um das Interesse der TSG zu wecken!

„Der sportliche Leiter der Akademie, Ernst Tanner, kannte mich noch aus seiner Zeit bei 60. Und der damalige U23-Trainer Frank Kramer kam ja auch aus Bayern und hatte mich auf dem Zettel. Die beiden haben mich geholt, weil sie an mich glaubten, und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. In Hoffenheim habe ich die Kurve gekriegt und den Spaß am Fußball wiedergefunden.“

Woran lag’s?

„Dafür gab es mehrere Gründe. Den Trainer habe ich schon genannt. Hinzu kam, dass wir eine starke Truppe mit coolen Charakteren hatten. Und ich will auch unseren Teammanager Thomas Gomminginger erwähnen, der uns in seiner Rolle als Laufbahnbegleiter immer ermahnt hat, nicht alles auf die Karte ‚Fußball‘ zu setzen und uns parallel weiterzubilden.“

Aber so etwas wollen junge Spieler in der Regel nicht hören…

„Nein, ich habe mich damals auch gefragt, was das soll. Aber heute, mit 30 Jahren, sehe ich das anders und verstehe die Intention dahinter besser. Ich bin Herrn Gomminginger für seinen unermüdlichen Antrieb dankbar. Er will den jungen Spielern mögliche Wege aufzeigen für den Fall, dass es mit der Profi-Karriere nicht klappt. Damit sie nicht völlig unvorbereitet ins Berufsleben gehen müssen.“

Bei Dir hat es ja mit der Profi-Laufbahn geklappt. Hast Du nebenbei etwas studiert?

„Ja, ich habe Immobilienwirtschaft studiert und das nie bereut. Das war eine wertvolle Lebenserfahrung.“

Nach den ersten Trainingseinheiten mit der U23 sollst Du ziemlich am Anschlag gewesen sein, ist das korrekt?

„Ich war diese hohe Intensität nicht gewöhnt. Frank Kramer hat viel Wert auf Krafttraining gelegt und wir haben vor jeder Einheit 20 Minuten Stabi gemacht. Da habe ich viel geflucht und mich gefragt, wo ich eigentlich gelandet bin. Aber auch hier bin ich im Nachhinein schlauer und weiß heute, wie wichtig das für meine Entwicklung war.“

Dir wurde bald der Spitzname „Steuermann“ verpasst. Weißt Du noch, wie es dazu kam?

„Ja, das war eher ein Gag. Bei der Teambesprechung im Hotel vor einem Spiel in Memmingen hat Frank Kramer mehrfach betont, dass ich das Spiel aus dem Mittelfeld steuern soll. Wir haben 2:0 gewonnen. Auf der Rückfahrt war die Stimmung im Bus entsprechend gut. Der Pressemann saß auch dabei und schrieb den Spielbericht für die Homepage. Meine Mitspieler baten ihn, mich als ‚Steuermann‘ zu bezeichnen – und hatten ihren Spaß dabei. Der Spitzname galt aber nur für meine U23-Zeit.“

Die dauerte nicht so lange, denn in der Winterpause wurdest Du zu den Profis hochgezogen. Das war doppeltes Glück…

„Cheftrainer Holger Stanislawski wollte mich dabeihaben und weil die Vorbereitung bei den Profis früher begann als bei der U23, habe ich das Trainingslager in Namibia verpasst. Somit ist mir der Busunfall erspart geblieben.“

Du bist vor dem Abflug nach Namibia in den abfahrtbereiten Bus gestiegen und hast alle Spieler noch einmal abgeklatscht!

„Klar, das war ja auch ‚meine‘ Mannschaft. Mich von den Jungs zu verabschieden und ihnen viel Glück zu wünschen, war für mich selbstverständlich. Nur weil ich jetzt bei den Profis mittrainieren durfte, habe ich ja nicht gleich die Bodenhaftung verloren. Es folgten turbulente Tage. Ich habe im DFB-Pokal gegen Fürth mein Profi-Debüt gegeben, nach der Niederlage musste Stanislawski gehen und dann folgte die Nachricht vom Busunfall der U23 in Namibia. Gott sei Dank ist niemand tödlich verletzt worden. Aber ich erinnere mich, dass César Thier in Heidelberg operiert werden musste und Philipp Klingmann einen Milzriss und mehrere Rippenbrüche davongetragen hat.“

Du hast dann in jener Saison noch ein paar Partien für die U23 absolviert und bist in der Regionalliga auf 26 Einsätze und fünf Tore gekommen. Keine schlechte Quote für einen defensiven Mittelfeldspieler, oder?

„Stimmt. Leider habe ich meine Torquote in den folgenden Jahren nicht halten können! Spaß beiseite, mir kamen unsere Spielweise mit viel Ballbesitz und die Tatsache, extrem starke Mitspieler um mich herum zu haben, sehr entgegen.“

Beschreibe uns bitte Deinen weiteren Werdegang!

„Ich bin nach der U23-Saison auf Leihbasis zum 1.FC Köln, der von Stanislawski trainiert wurde, in die Zweite Liga. Nach einem Jahr haben mich Alexander Rosen und Markus Gisdol zurück zu den TSG-Profis geholt, weil sie auf mich gesetzt haben. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar, denn ich habe anschließend in der Bundesliga Fuß gefasst.“

Viele Talente werden zu früh zu hoch gelobt. Ab wann war Dir denn klar, dass Du es endgültig geschafft hast?

„In die Bundesliga zu kommen, ist schwer genug. Sich dort zu behaupten, noch viel schwieriger. Als ich die erste Bundesliga-Saison bei der TSG hinter mir hatte, war mir bewusst, es endgültig geschafft zu haben. In einer der besten Ligen der Welt zu spielen, war für mich ein Traum, von dem viele nicht gedacht haben, dass er sich erfüllt.“

Warum nicht?

„Weil ich auf dem Platz schon immer eher der Mann im Hintergrund und meine Spielweise nicht besonders spektakulär war. Daher dachten einige, ich sei immer nur mitgezogen worden. Ich habe mir einerseits viel erarbeitet, hatte aber auch das Glück, immer die richtigen Trainer zum richtigen Zeitpunkt gehabt zu haben.“

Du bist bis 2016 im Kraichgau geblieben, dann nach Mönchengladbach gegangen, wo Du mit den Fohlen Champions League gespielt hast, und stehst seit vergangenem Sommer beim FC Augsburg unter Vertrag. Alles richtig gemacht?

„Ja. In Hoffenheim habe ich mich zu dem Spieler entwickelt, der ich bin, und von einer hervorragenden Infrastruktur profitiert. In Köln und Mönchengladbach habe ich gelernt, mit dem größeren Medienrummel umzugehen und zudem mit der Borussia eine erfolgreiche Zeit erlebt. Der Wechsel nach Augsburg hat es mir ermöglicht, in meine Heimat und somit in die Nähe von Familie und Freunden zurückzukehren.“

Du blickst auf über 170 Bundesliga-Spiele zurück. Welche Rolle spielt in der Rückschau auf Deine Karriere „Hoffe zwo“?

„Eine große, denn in diesem U23-Jahr habe ich in Sachen Technik und Spielverständnis viel dazugelernt. Es wurde immer akribisch darauf geachtet, mit welchem Fuß der Ball wie weitergespielt wird, wie die Spielfortsetzung ist, auf jede Kleinigkeit eben, und das hat mir sehr gutgetan. Als junger Spieler ist Hoffenheim perfekt und eine Top-Adresse, um sich zu verbessern. Für mich persönlich war es darüber hinaus eine sehr schöne Zeit.“

Hast Du noch Kontakte zu den Jungs von damals?

„Mit dem heutigen Cheftrainer Kai Herdling schreibe ich regelmäßig. Ich habe in Hoffenheim auch außerhalb des Spielerkreises viele positive Menschen kennengelernt, an die ich gerne zurückdenke.“

Apropos Kai Herdling: Er behauptet, Du hättest ihn bei seinem ersten Bundesliga-Tor um ein Haar skalpiert. Was war da los?

„Das war so ein kleines Ritual von uns: Bei Toren haben wir uns an den Haaren gezogen. Kann sein, dass ich es in dem Moment in der Euphorie etwas übertrieben habe. Aus Versehen, versteht sich.“

Wie sieht Dein Plan für die Zeit nach der Karriere aus?

„Ich werde das umsetzen, was ich in meinem Studium gelernt habe, und mich um Immobilien kümmern.“

Abschließend: Was war Dein bisher größter Moment?

„Die Champions-League-Melodie zu hören. Und das in Stadien wie dem Camp Nou oder dem Celtic Park – das ist unvergesslich.“

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