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MÄNNER
06.10.2011

Knowledge Musona im Interview

Es war die 63. Minute im Spiel gegen den VfL Wolfsburg. Unter dem Beifall der Fans in der WIRSOL Rhein-Neckar-Arena betrat Knowledge Musona erstmals den Rasen in einem Bundesligaspiel. Ein historischer Moment, denn Knowledge ist der erste Spieler aus Simbabwe, der es jemals in die höchste deutsche Spielklasse geschafft hat. Im Interview mit achtzehn99 spricht Musona über seinen Werdegang, die Umstände in seinem Heimatland und über seine Ziele – sowohl mit der TSG als auch mit der Nationalmannschaft Simbabwes.

Neben Hoffenheim waren auch andere Topclubs aus Europa an dir interessiert. Was hat den Ausschlag für 1899 gegeben?

Man hat sich sehr um mich bemüht und mich bereits frühzeitig nach Feldkirchen ins Trainingslager eingeladen. Dort wurde ich von allen, also der Mannschaft und Funktionsteam, sehr gut aufgenommen. Ich hatte sofort ein richtiges gutes Gefühl und dem bin ich gefolgt.

War der Flug nach Österreich deine erste Reise nach Europa?

Nein, ich war mit der Aces Academy schon mal in der Schweiz. Der Direktor der Academy, Marc Duvillard, ist Schweizer und hatte dort ein vierwöchiges Trainingslager in Lugano für uns organisiert. Es war also das zweite Mal.

Wie sind die Kaizer Chiefs damals auf dich aufmerksam geworden?

Ihre Scouts waren eigentlich in Simbabwe, um dort einen Verteidiger aus der ersten Liga zu beobachten. Wir spielten mit der Jugendauswahl im Vorprogramm. So sind sie auf mich aufmerksam geworden und haben mich direkt nach dem Spiel angesprochen. In Simbabwe hatte ich bis dahin noch nicht mal erste Liga gespielt.

Was war es für ein Gefühl, auf einmal vor 100.000 Zuschauern im Soccer City Stadium, dem größten Stadion Afrikas, zu spielen?

Ich war unglaublich nervös. Mein allererstes Spiel war im Pokal und das Stadion war restlos ausverkauft. Dann ist mir in der Nachspielzeit ein Tor gelungen und die Nervosität war wie weggeblasen. Das hat mir Selbstvertrauen gegeben.

Wie hat dich dein damaliger Trainer Vladimir Vermezovic auf die atemberaubende Kulisse vorbereitet?

Er hat mir gesagt, ich solle die ganzen Zuschauer ausblenden und mich nur auf das Spiel konzentrieren. Das habe ich auch gemacht. Man muss sich im richtigen Moment ganz in sich selbst zurückziehen und so die Konzentration hoch halten. Die Begeisterung auf den Rängen, wenn ich ein Tor mache, nehme ich selbstverständlich mit.

Als du in Feldkirchen deine ersten Trainingseinheiten mit dem Funktionsteam absolviert hattest, schwärmten alle von deiner Fitness und Kondition. Siehst du das als eine deiner Stärken?

(Lacht) Naja, wir waren mit den Kaizer Chiefs damals schon in die Saison gestartet. Ich hatte also bereits eine Vorbereitung hinter mir und war topfit. Trotzdem ist meine Fitness bestimmt eine meiner Stärken.

Was sind die anderen?

Ich habe einen guten Schuss und eine gute Grundschnelligkeit. Außerdem kann ich vor allem in der Offensive Situationen richtig einschätzen und antizipieren. Deshalb spiele ich auch am liebsten hinter einer oder zwei Spitzen.

Also nicht in vorderster Reihe?

Als Stoßstürmer fehlt mir manchmal noch die physische Durchsetzungskraft gegen große Verteidiger. Hinter den Stürmern hat man mehr Überblick und kann auch mal verloren gegangene Bälle verarbeiten. Bei den Kaizer Chiefs haben wir viel rotiert und ich kam auf unterschiedlichen Positionen zum Einsatz. Das ist genau das Gleiche, was der Trainer jetzt auch von uns verlangt. Wir sollen flexibel sein, die Positionen tauschen und dem Gegner so keine Chance geben, sich auf uns einzustellen.

Hat dich Rainer Dinkelacker (Torwarttrainer der Kaizer Chiefs) schon auf den Kraichgau vorbereitet? Immerhin kommt er als gebürtiger Schwabe fast aus der Gegend.

Ja, er hat versucht mir ein paar deutsche Wörter beizubringen. Er ist ein guter Mensch und hat sich ehrlich für mich gefreut, als klar wurde, dass ich nach Hoffenheim wechsle. Er hat mir aber auch gesagt, dass ich mich anstrengen müsse, um es in der Bundesliga zu schaffen.

Was haben deine anderen Teamkollegen gesagt?

Sie haben mich in meiner Entscheidung unterstützt. So eine Chance hätte jeder genutzt. Manche haben Scherze gemacht, dass sie jetzt gar keinen mehr hätten, der Tore schießt. Aber die Kaizer Chiefs haben ein sehr gutes Team und werden auch ohne mich Erfolg haben.

Hast du Unterschiede zwischen dem Fußball hier und dem in Südafrika festgestellt?

In der Bundesliga wird viel mehr Wert auf die Taktik gelegt. Das ist auch ein Bereich, in dem ich mich ganz klar noch verbessern möchte. Und das Spiel ist viel, viel schneller, was mir aber entgegenkommt.

In Südafrika habt ihr unweit vom größten Township des Landes, Soweto, trainiert. Wie viel habt ihr von der Armut dort mitbekommen?

Es lagen immer noch knapp 30 km zwischen dem Trainingsgelände und dem Anfang von Soweto. Es war aber ein seltsames Gefühl, wenn man umgeben von Stacheldraht und Sicherheitspersonal trainieren muss.

Die Armut ist auch ein Problem in deinem Heimatland Simbabwe. Wie ist es deiner Familie dort ergangen? Du hast immerhin fünf Geschwister.

Ja, ich habe zwei Brüder und drei Schwestern. Wir gehörten nicht zur ärmsten Schicht, aber auch nicht zu den reichen. Es gab eine Zeit, da war es richtig hart. Dem ganzen Land ging es sehr schlecht, die Arbeitslosigkeit war hoch, es gab kein Essen zu kaufen und an Dinge wie Benzin oder Elektrizität war gar nicht zu denken. Meinem Vater ging es sehr schlecht und meine Mutter konnte keine Arbeit finden. In dieser Phase waren wir auf die Hilfe von Freunden und Verwandten angewiesen, um überhaupt etwas zu essen zu bekommen. Damals habe ich gelernt, wie wichtig der Zusammenhalt in der Familie und im Freundeskreis ist.

Wie ist die Lage heute?

In Simbabwe hat sich die Situation zumindest etwas entspannt. Es gibt wieder Lebensmittel zu kaufen und die Leute haben ein wenig Perspektive. Für meine Familie ist es viel besser geworden, vor allem, seit ich Geld verdiene. Mein Vater ist sehr früh gestorben, ich bin es daher gewohnt, sie zu unterstützen.

Dein jüngerer Bruder spielt auch Fußball, oder?

Ja, Walter wird im Dezember 16 Jahre alt und spielt auch in der Aces Academy. Er will genau wie ich einmal Profi werden. Talent hat er auf alle Fälle.

Mittlerweile bist Du auch bei den „Warriors“ (Spitzname der Nationalmannschaft Simbabwes) eine feste Größe und der beste Goalgetter des Teams. Was sind deine Ziele mit der Nationalelf?

Wir haben eine sehr junge Mannschaft mit viel Potenzial. Jetzt gilt es erstmal, uns für den Afrika Cup of Nations zu qualifizieren. Wenn wir im letzten Spiel gegen Cap Verde (08.10.) gewinnen, stehen unsere Chancen sehr gut.

Wen siehst du als Favorit beim Afrika Cup?

Ghana ist sicherlich eines der stärksten Teams. Sie haben eine gute WM gespielt und wollen auch beim Afrika Cup ganz oben mitspielen. Auch Nigeria hat eine gute Mannschaft, wenn die wichtigsten Spieler gesund bleiben.

Würdest du dich freuen, gegen Deine jetzige Mannschaftskollegen Isaac Vorsah oder Chinedu Obasi zu spielen?

(Lacht) Das wäre genial! Am liebsten würde ich gegen einen der Beiden im Finale spielen.

In Simbabwe wirst du häufig mit Peter Ndlovu verglichen. Empfindest du das als Ehre?

Auf alle Fälle. Ndlovu ist ein Held in Simbabwe und auch mein persönliches Idol. Er hat lange in England gespielt und ist Rekordnationalspieler Simbabwes. Mein großer Traum ist es, einmal so gut zu sein wie er war und ihn vielleicht sogar noch zu übertreffen.

„Smiling Assassin, „Smash and Grab”, „21 Battalion”, „The Gautrain” und „Sense of Knowledge” – alles Spitznamen, die man dir in Südafrika gegeben hat. Wie kam es zu so einer Menge?

In Südafrika bringen die Fans wie hier in Deutschland auch selbstgebastelte Transparente und Plakate mit. Auf denen standen dann immer neue Spitznamen für mich und die Medien haben diese regelmäßig aufgegriffen. So wurden es immer mehr.

Welcher war dein Lieblingsspitzname?

Ach, ich hatte da keine Vorlieben. Sense of Knowledge klingt ganz nett, finde ich.

Hast du hier schon neue Spitznamen erhalten?

(Lacht) Nein, bisher noch nicht. Aber ich bin mir sicher, dass bald die Mannschaft oder Fans sich welche ausdenken können.

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