Alle Ergebnisse TSG eSPORTS TSG IST BEWEGUNG TSG Radio
SPIELFELD
05.06.2024

Heimatliebe

Nach neun Jahren verlässt Nicole Billa die TSG Hoffenheim und wechselt zum Bundesliga-Kontrahenten 1. FC Köln. Die Österreicherin geht als Rekordtorschützin der TSG-Frauen. Doch nicht nur mit ihren Treffern hat die 28-Jährige einen bleibenden Eindruck hinterlassen, auch die besondere Art der Angreiferin wird im Kraichgau fehlen.

Die meisten SPIELFELD-Termine mit Spielerinnen oder Spielern liegen so, dass sie zum jeweiligen Trainingsplan passen. Interviews werden meistens am Trainingsgelände geführt, um die Zeit möglichst effektiv zu nutzen. Mit Nicole Billa lief das Gespräch zu ihrem bevorstehenden Abschied anders ab: Sie nahm sich an ihrem freien Tag Zeit, um sich mit der Redaktion zu treffen. In einem Café in der Heidelberger Innenstadt wurde es ein persönliches Gespräch über eine wichtige Etappe im Leben der mittlerweile 28-Jährigen.

Bei einer heißen Schokolade blickt die Österreicherin zurück auf die vergangenen neun Jahre im TSG-Dress. Die Nationalspielerin wechselt zum Liga-Kontrahenten 1. FC Köln. Es ist ihr anzumerken, dass ihr die Entscheidung nicht leichtgefallen ist und die Zeit bei der TSG Spuren hinterlassen hat. Sie trägt einen Pullover mit der Aufschrift Heimatliebe. Die Region ist für Nicole Billa zur zweiten Heimat geworden. Mindestens. Die Angreiferin kann sich gut vorstellen, dass sie spätestens nach der aktiven Karriere zurückkehrt. Heidelberg und die Umgebung haben es der gebürtigen Kufsteinerin angetan. „Wieso auch nicht? Ich habe hier eine Ausbildung absolviert, viele nette Menschen kennengelernt und fühle mich einfach nur wohl“, sagt Billa. Zum Interview-Termin erscheint sie mit dem Fahrrad, sie kennt beinahe jede Ecke in der Umgebung. 

Vor neun Jahren hätte sie nicht damit gerechnet: 2015 kam die Torjägerin als „Küken“ – wie sie selbst sagt – aus St. Pölten in den Kraichgau. 2024 verlässt die Angreiferin den Klub als Frau. Und trotz aller Wehmut ist auch Freude ein Teil der Gemütslage. Zum einen auf die bevorstehende Aufgabe, aber auch über das, was gemeinsam im Kraichgau erreicht wurde. Zwei dritte Plätze, die Teilnahme an der UEFA Women‘s Champions League, Torschützenkönigin, Fußballerin des Jahres und Rekordtorschützin des Klubs. Die Liste der Erfolge ist lang.

Doch in den vergangenen knapp anderthalb Jahren hat sich Billas Rolle bei der TSG verändert, die Angreiferin war nicht mehr immer erste Wahl. Immer häufiger kam die Österreicherin von der Bank und hatte ihren zuvor unangefochtenen Stammplatz verloren. Doch ein schlechtes Wort gab Billa nie von sich. Sie akzeptierte ihre Rolle und wartete auf ihre Chance. „Natürlich war es nicht leicht für mich, vor allem nach den erfolgreichen Jahren. Aber ich habe auch eine Verantwortung dem Team gegenüber und wollte mich nicht hängen lassen. Ich bin diesem Klub für so viele tolle Jahre dankbar, da wäre es für mich falsch, wenn ich mich darüber beschwere, dass ich auf der Bank sitze“, sagt Billa.

Der Österreicherin ist anzumerken, dass dies keine Worthülsen sind. Egal, ob Mitspielerinnen, Physiotherapeuten, das Team am Trainingszentrum oder die Köchin – Nicole Billa hat die Mitarbeitenden der TSG Hoffenheim ins Herz geschlossen. „Man wächst mit dem Klub mit. Wir haben uns gemeinsam entwickelt. Als ich ankam, war alles noch viel kleiner. Was wir mittlerweile für Möglichkeiten haben, ist nicht selbstverständlich. Ich hoffe, dass die TSG ihren Weg weitergeht. Dieser Klub hat noch enormes Potenzial und ich hoffe, dass allen neuen Spielerinnen bewusst ist, dass es nicht normal ist, dass es solch gute Voraussetzungen gibt. Die Dankbarkeit muss immer bleiben. Es war schön zu sehen, dass so viele Personen seit neun Jahren ständig an meiner Seite standen. Da tut es schon weh, den Platz zu verlassen“, sagt Billa.

Besonders das familiäre Umfeld hat sie bei der TSG geschätzt. Entsprechend emotional verlief auch die Verabschiedung. Billa wurde vor dem Anpfiff des letzten Spieltags gegen den FC Bayern München auf dem Rasen verabschiedet. Nach neun Jahren lief die Österreicherin zum letzten Mal im TSG-Trikot auf. Zum Abschied mit der Kapitäninnen-Binde und mit einer letzten Torvorlage. Sowohl auf der Tribüne als auch dem Feld war die eine oder andere Träne zu sehen. „Die TSG ist mein Herzensverein. Es freut mich natürlich, welche Anerkennung mir entgegengebracht wird. Aber das war ich nicht allein. Das gesamte Team hat mir geholfen und ohne meine Mitspielerinnen wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin. In diese Rolle bin ich reingewachsen“, sagt Billa in ihrer typischen bescheidenen Art.

In der nächsten Saison wartet dann ein ungewohntes Bild auf die Österreicherin: Erstmalig wird sie sich bei einem Spiel im Dietmar-Hopp-Stadion nicht in der Heim- sondern in der Gast-Kabine umziehen. Langjährige Mitspielerinnen wie Fabienne Dongus oder Martina Tufekovic werden nicht mehr mit ihr im Teamkreis stehen, sondern auf der anderen Seite.

Am liebsten hätte sich die Torjägerin von der TSG mit einer erneuten Teilnahme an der Champions League verabschiedet, doch in den letzten Wochen der Saison ging dem Team von Cheftrainer Stephan Lerch etwas die Puste aus, so dass die TSG am Ende auf Rang fünf landete (siehe Seite xx). Dass in Hoffenheim über diese Platzierung mittlerweile Enttäuschung herrscht, ist eben auch Billa zu verdanken, die den Klub in die nationale Elite führte. 211 Pflichtspiele bestritt sie im TSG-Dress und erzielte dabei 99 Tore. Mit ihren Treffern hat sie für zahlreiche Momente gesorgt, die auf ewig mit ihr verbunden sein werden. „Die gesamten neun Jahre waren mein Highlight. Man spürt diese Verbundenheit, wir haben so viel zusammen erlebt. Wir haben viele große Schritte gemeinsam gemacht. Die TSG liegt mir sehr am Herzen. Und wer weiß, vielleicht kommen irgendwann nochmal gemeinsame Momente dazu.“

Jetzt Downloaden!
Seite Drucken nach oben