Ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche
Die Wahl-Heidelbergerin lebt seit ihrem dritten Lebensjahr in der Region und hat als Handballerin selbst aktiv Sport getrieben. Erste Berührungspunkte mit der TSG verzeichnete die studierte Sozialarbeiterin als Servicekraft in der Prezero-Arena, wo sie einen Nebenjob ausübte. Hauptberuflich war Schimming zu diesem Zeitpunkt noch als Sozialpädagogin im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch tätig. Seit dem 1. Oktober kümmert sie sich nun um das Kinderschutzprojekt der TSG Hoffenheim und arbeitet dabei eng mit der Kindernothilfe zusammen.
Das Thema Kinderschutz ist ein zentrales Anliegen der TSG Hoffenheim. Die TSG als Verein möchte eine Umgebung schaffen, in der Kinder und Jugendliche sich wohlfühlen und eine Kultur der Achtsamkeit gelebt wird.
„Meine Aufgabe ist es in erster Linie, eine Ansprechpartnerin in allen Fragen des Kinderschutzes zu sein. Außerdem arbeiten wir im Kernteam zusammen mit der Kindernothilfe daran, ein Kinderschutzkonzept zu erstellen, das ganzheitlich und passgenau auf den Verein zugeschnitten ist. Hierbei sollen alle Mitarbeiter aus allen Bereichen, sowie Spieler und auch Eltern, mitgenommen werden“, sagt Schimming. Dabei sei es wichtig zu ermitteln, wer im Verein wann welchen Kontakt zu den Jungs und Mädchen hat. Ein gewaltfreier Umgang mit Kindern und Jugendlichen sei das Ziel.
Alte Strukturen überdenken
„Es geht um ein achtsames Miteinander. Natürlich gibt es in einem Sportverein Körperkontakt zwischen Erwachsenen und Kindern und Jugendlichen, selbstverständlich muss ein Physiotherapeut die Spieler bei der Behandlung berühren, gemeinsames Jubeln gehört dazu oder eine verletzte Spielerin vom Feld zu tragen. Auch kann es verbal mal hitzig werden. „Dennoch ist es wichtig bei aller Euphorie und Emotionen im Sport Sensibilität für das Thema Kinderschutz zu schaffen und eine Haltung der Achtsamkeit zu entwickeln, um unerwünschte oder unangenehme Situationen zu vermeiden“, sagt Schimming. Ein Beispiel hierfür könnte in der Turnabteilung eine zu körperbetonte Kleidung sein. „Viele kennen die Berichterstattung zum Thema sexualisierte Sportbekleidung von Turnerinnen bei den Olympischen Spielen – ich finde es wichtig, über solche Themen zu sprechen, in den Austausch zu gehen und alte Strukturen zu überdenken.“
Bei den Fußballern liegen die Sorgen weniger im Outfit, aber vielleicht in diskriminierender, homophober oder sogar rassistischer Sprache. „Auch unsere Sprache wird nie komplett gewaltfrei sein und dient ja auch zum Stressabbau. Das Letzte, was wir wollen, ist, die Emotionen rauszunehmen“, erklärt Schimming. „Wir befinden uns in einem Prozess, in dem wir sammeln, was uns wichtig ist, wie wir miteinander umgehen wollen. Ein ganzheitliches Kinderschutzkonzept braucht seine Zeit, wir wollen genau auf alle Bereiche unseres Vereins schauen und werden das Konzept im Laufe des kommenden Jahres finalisieren und streuen.“ Dabei wird das Kinderschutz-Team eng von erfahrenen Kolleginnen der Kindernothilfe begleitet, die bereits mehrere Sportvereine bei der bei diesem Prozess unterstützt haben.
Innerhalb des Prozesses finden diverse Workshops mit Mitarbeitern, Eltern sowie unseren Spielern und Spielerinnen statt. Die Mitgestaltung der Kinder und Jugendlichen ist von zentraler Bedeutung. Sie sollen ermutigt werden, sich für ihre Rechte einzusetzen.
Konkrete Ansprechpartner
Den Auftakt machte eine zweitägige Intensivschulung im Oktober diesen Jahres, im Dezember folgte der erste Workshop, in dem sich ein Team aus Mitarbeitern aus vielen verschiedenen Bereichen der TSG dem Thema Verhaltenskodex näherte und auf Basis der bereits bestehenden Dokumente weiter daran arbeitete. Dieser Kodex baut auf dem auf, was schon seit einigen Jahren im Players‘ Book der Spieler verankert ist. „Viele Dinge wurden hier im Verein schon aktiv gepflegt“, sagt Schimming. „Nun sollen sie auch langfristig gelebt und weiterentwickelt werden.“ Jeder Spieler wird einen konkreten Ansprechpartner haben, an den er sich wenden kann, wenn er sich aus irgendeinem Grund nicht wohl fühlt. Das können auch private Probleme sein, wenn es einem Kind zuhause nicht gut geht, aber auch Mobbing oder grenzverletzende Äußerungen innerhalb der Peer-Group. Diese Vertrauensperson kann ein Staff-Mitglied oder eben die Kinder- und Elternschutzbeauftragte sein, die die Situation einschätzt, beratend zur Seite steht und im Falle eines Verdachts schnell und sorgsam geeignete Maßnahmen einleitet.
Neben den konzeptionellen Aufgaben arbeitet Schimming seit ihrer TSG-Zugehörigkeit auch an individuellen Lösungsstrategien, die für den Interventionsplan bei diversen Vorfällen Anwendung finden. „Gerade Social Media und die diversen Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zwischen Erwachsenen und Kindern und Jugendlichen stellt uns hier vor große Herausforderungen. Private Kontaktaufnahmen sind auf jeden Fall unerwünscht“, so Schimming. „Präventiv wurden in diesen Fällen die Eltern über mögliche Gefahren sensibilisiert, da sie natürlich ihrer Fürsorgepflicht im Umgang mit den sozialen Medien nachkommen müssen, wir haben aber auch den Kontakt zu den Spielern gesucht.“
Lösungen und Hilfeplanung
Die Erfahrungen, die Schimming in neun Jahren als Sozialarbeiterin der Psychiatrie gesammelt hat, kommen ihr in Hoffenheim zugute. „In der Klinik habe ich gelernt, in Lösungen zu denken, Dinge so anzunehmen, wie sie sind, wertfrei zu analysieren und indirekte Hilfeplanung zu leisten“, beschreibt sie die Qualitäten, die sie nun als Kinderschutz- und Elternbeauftragte benötigt und zum Wohl der Spieler und Spielerinnen einsetzen kann.
Die TSG Hoffenheim ist ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche. Dass das auch in Zukunft so bleibt, dafür sorgen das Kinderschutzteam und Kristin Schimming. In erster Linie durch Prävention. Und wenn nötig, durch Intervention und Aufarbeitung.