Zurück in Hoffenheim: Europameister Moerstedt „will Schwung mitnehmen“
Am Tag seiner Rückkehr in die TSG-Akademie war für Max Moerstedt an einen nahtlosen Übergang zum blau-weißen Alltag noch nicht zu denken. Der Titelgewinn mit der deutschen U17-Nationalmannschaft in Ungarn – eingefahren vor knapp anderthalb Wochen durch ein 5:4 im Elfmeterschießen gegen Frankreich – sollte besprochen werden. Der 17-Jährige stand zwei Reportern Rede und Antwort. Ein Videobeitrag für TSG.TV und mehrere Fotos wurden ebenfalls produziert. Moerstedt meisterte auch diese Prüfungen – so wie schon das EM-Turnier, bei dem er als Stammspieler in fünf von sechs Partien begonnen und in der Spitze damit einen wichtigen Part im System von U17-Nationalcoach Christian Wück eingenommen hatte
„Es ist ein geiles Gefühl, Europameister zu sein. So ein Turnier zu spielen, ist für sich schon etwas Besonderes. Es dann noch zu gewinnen, war für uns alle der krönende Abschluss. Ich bin sehr stolz auf die komplette Mannschaft, den kompletten Staff, jetzt aber auch froh, wieder in Hoffenheim zu sein. Ich will an die Leistungen anknüpfen.“ Die ersten Worte Moerstedts nach der Ankunft am Leistungszentrum in der Sinsheimer Straße fassen die Einstellung des jungen Mittelstürmers gut zusammen: Auf der einen Seite steht da die Freude über das Geleistete, das er noch gar nicht komplett realisiert hat, „das kommt jetzt, denke ich, mit der Zeit“ – und auf der anderen der Blick in die Zukunft, der Fokus auf die kommende Saison mit der Hoffenheimer U19 in der Bundesliga Süd/Südwest der A-Junioren.
Selbstvertrauen zahlt sich aus
Wer einmal einen Titel in der Hand hält, einen europäischen noch dazu, hat Lunte gerochen – ein Gefühl, das ein Leistungssportler immer wieder erleben möchte, allerdings harte Arbeit und viel Durchsetzungsvermögen voraussetzt. Was natürlich hilft, ist Selbstvertrauen. Moerstedt hatte es schon zu Turnierbeginn gezeigt. Optimistisch war er Mitte Mai in die EM gestartet, hatte vorher betont: „Wenn wir die Gruppe überstehen, haben wir gute Chancen, weit zu kommen.“ Ob er tatsächlich an den Turniersieg geglaubt hatte? Schließlich sollte es Deutschland mit Frankreich und Portugal in der Gruppenphase zu tun bekommen. Duelle auf Augenhöhe schienen vorgezeichnet. „Wenn ich ehrlich bin: Ja. Ich war überzeugt, dass alles drin ist, wenn wir es in die K.o.-Runde packen. Wir sind vom ersten Moment an als Team aufgetreten und hatten diese Überzeugung, die nötig ist. Das hat man schon im ersten Spiel gesehen, denn ansonsten gewinnst du nicht zum Auftakt 4:0 gegen Portugal.“ Nicht das einzige Ausrufezeichen des DFB-Teams – das 3:1 gegen Frankreich im zweiten Gruppenspiel war ebenfalls eines, das obendrein bereits den Einzug ins Viertelfinale garantierte.
Gleichwohl: Es lief nicht durchgehend wie am Schnürchen. „Aber auch wenn es mal Rückschläge gab, haben wir uns als Team immer dagegengestemmt. Das hat uns noch weiter zusammengeschweißt.“ Er selbst war in der Gruppenphase ohne Treffer geblieben. „Da es bei mir am Anfang nicht perfekt gelaufen ist, habe ich versucht, durch Kampf- und Laufbereitschaft meinen Weg zu finden und so dem Team zu helfen“, betont Moerstedt. Er wurde dafür belohnt – von Trainer Wück mit einem Startelf-Mandat in allen Partien, in denen etwas auf dem Spiel stand, und letztlich auch mit einem EM-Endrundentreffer zum 1:1 gegen Polen im Halbfinale, in dem die Deutschen in einem wilden Schlagabtausch ein 5:3 erzwangen. Zuvor hatte das DFB-Team im Viertelfinale die Schweiz im Elfmeterschießen mit 4:3 aus dem Turnier gekegelt – ein Vorgeschmack auf das, was im Endspiel noch folgen sollte.
Der Schlüssel im Finale
„Vor dem Finale gegen Frankreich“, sagt Moerstedt, „war klar, dass es nur noch über den Einsatz und die Mentalität gehen wird. Beide Teams waren müde. Wir mussten einfach raushauen, was wir noch im Tank hatten.“ Moerstedt tat dies abermals von Beginn an, wurde im zweiten Durchgang ausgewechselt, sah, wie beide Teams kurz vor Schluss beim Stand von 0:0 Chancen auf den Führungstreffer ausließen – und wie das deutsche Team schlussendlich im Elfmeterschießen die Oberhand behielt. Die Feierlichkeiten konnten beginnen.
Sie führten den DFB-Tross zu einem weiteren Endspiel. Die deutsche U17 wurde im Rahmen des DFB-Pokalfinals zwischen RB Leipzig und Eintracht Frankfurt für ihren Titelgewinn geehrt. Moerstedt und Co. trafen den DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf sowie Bundestrainer Hansi Flick und DFB-Sportdirektor Rudi Völler. Danach ging es für den Hoffenheimer Angreifer am Folgetag in den Urlaub, den er mit seiner Familie und der Freundin in Faro (Portugal) an der Algarve verbrachte.
Bundesliga-Saison mit der U19 vor Augen, U17-WM im Blick
Die Akkus sind nun wieder aufgeladen. Moerstedt, das gibt er auch den Journalisten mit auf den Weg, hat in der kommenden Zeit noch viel vor. „Ich will den Schwung mitnehmen und mit der U19 in Hoffenheim so erfolgreich wie möglich abschneiden“, sagt er selbstbewusst.
Außerdem gibt es in diesem Jahr noch ein weiteres Turnier, dem er entgegenfiebern kann: Die DFB-U17 hat sich durch ihr Abschneiden bei der EM in Ungarn für die WM qualifiziert, die vom 10. November bis zum 2. Dezember ausgetragen wird. Derzeit wird noch nach einem Gastgeber Ausschau gehalten, nachdem Peru die Veranstaltungsrechte entzogen worden waren. Moerstedt verfolgt den Prozess genau. Er hätte nichts dagegen, kurz vor Weihnachten 2023 der erste U17-Weltmeister aus der TSG-Akademie zu werden.