Dramatisch: U17 verpasst Finale im Elfmeterschiessen
Der Mannschaftsbus rollte um 11:17 Uhr vom Parkplatz des LaVital Sport- und Wellnesshotels in Wesendorf und traf genau zur Mittagszeit – gemeinsam mit Fan-Transportern aus dem Kraichgau – am AOK Stadion ein. Platzbegehung, letzte Besprechung, Aufwärmen. Eines war vor der Partie klar: Eine Serie würde heute reißen – entweder die der „Wölfe“, die bislang alle acht Heimspiele gewonnen hatten, oder die der Hoffenheimer, die in dieser Saison auswärts noch unbesiegt war.
Während Wolfsburgs Coach Dennis da Silva Félix keine Änderungen in der Startelf vornahm, tauschte Kuhn zwei Mal. Für Luca Erlein, der sich unter der Woche einer Daumen-OP unterziehen musste, rückte Vincenzo Taschetta in die Startelf, wobei Taschetta die Linksverteidigerposition übernahm. Dafür wechselte David Girmann auf die rechte Seite und Briek Morel rückte auf Erleins Platz in die Innenverteidigung. Blessing Makanda, im Hinspiel gesundheitlich angeschlagen, kam für Rafail Savvidis in die Anfangsformation.
Makanda trifft früh
Die Platzherren wollten mit aller Macht verhindern, wie im Hinspiel früh überrollt zu werden, und verteidigten von Beginn an sehr hoch. Und doch konnten sie erneut den frühen Rückstand nicht verhindern. Tiago Poller schickte mit einem herrlichen Schnittstellenpass Makanda auf die Reise, der TSG-Angreifer umkurvte Wolfsburgs Schlussmann Benedikt Börner und tunnelte den zurückgeeilten Leo Klipphahn bei dessen Klärungsversuch – 0:1 (7.).
Nur vier Minuten später musste Börner beim Schuss von Marlon Faß eingreifen, konnte den Ball nicht festhalten – doch es war kein Abstauber da. „Wir müssen heute eine bessere Balance zwischen Defensive und Offensive finden und auch schauen, dass wir längere Ballbesitzphasen haben, das ist uns im Hinspiel nicht so gelungen“, hatte Kuhn vor der Partie gesagt – und beide Vorhaben gingen voll auf. Die neu formierte Viererkette ließ nichts anbrennen und die beiden Sechser Jamie Wähling und Tebo Gabriel räumten davor auf.
TSG-Keeper Ferdinand Gebert musste das erste Mal nach 14 Minuten eingreifen, als er den Ball an der Strafraumgrenze vor dem heraneilenden Alexander Georgiadi klärte. Ernsthaft geprüft wurde Gebert im ersten Durchgang nicht, dennoch konnte er sich bei den vielen Standards auszeichnen, indem er eine starke Strafraumbeherrschung zeigte und viel Sicherheit ausstrahlte. Die Hoffenheimer verdienten sich ihre Führung zur Pause, weil sie auch öfter gefährlich im gegnerischen Strafraum auftauchten.
Leonard Krasniqi, der am Vortag seinen 17. Geburtstag feierte, tauschte Mitte des ersten Abschnitts mit Makanda die Seiten. In der 32. Minute flog sein Freistoß knapp rechts vorbei, kurz zuvor hatte Marlon Faß aus ähnlicher Position links vorbeigeschossen (29.). Kurz vor der Pause hatte Wolfsburg Glück, dass Klipphahns Klärungsversuch nach Girmanns Hereingabe nicht im eigenen Torwinkel einschlug (40.).
Wolfsburg wechselt zur Pause dreifach
Da Silva Félix reagierte und wechselte in der Halbzeit gleich drei Mal. Doch die Hoffenheimer ließen sich vom Druck, den die „Wölfe“ vom Wiederanpfiff weg aufbauen wollten, keineswegs überraschen. Als Georgiadi sich mit seiner Physis und Schnelligkeit in der 52. Minute durchtankte und gefährlich vor Gebert auftauchte, kam Morel herbeigeflogen und trennte den Torjäger sauber vom Ball – und bejubelte seine Aktion wie einen Torerfolg.
Dann aber doch der Ausgleich. Bennit Bröger brachte einen Eckball von der linken Seite in den Fünfmeterraum, und schließlich war es Leonard Köhler, der die durch den Fünfmeterraum wabernde Kugel über die Linie drückte (61.). Wolfsburg witterte nun natürlich Morgenluft, Elijas Aslanidis ließ eine Hundertprozentige liegen, als er freistehend nach Georgiadi-Zuspiel die Kugel neben das Tor bugsierte (66.).
Elfmetergeschenk zum 2:1
Das 2:1 für den VfL war aus Hoffenheimer Sicht besonders bitter, denn Girmann hatte - die TV-Bilder zeigten das eindeutig - Trevor Benedict fair vom Ball getrennt, doch der Unparteiische deutete auf den Punkt, und Georgiadi ließ Gebert aus elf Metern keine Chance (72.).
Zehn Minuten vor dem Ende setzten wieder die ersten Krämpfe ein, beide Teams hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt völlig verausgabt. Kuhn wechselte noch einmal, während Poller eigentlich zum Freistoß bereitstand, und nahm den Spielmacher raus, vielleicht auch, um ihn zu schützen, denn der Mittelfeldspieler hatte einiges abbekommen. Die Kapitänsbinde und den Freistoß übernahm Krasniqi, und seinen hereingezwirbelten Ball spitzelte David Odogu ins eigene Netz (86.).
Vier Minuten Nachspielzeit waren noch zu überstehen - und es kam, wie es kommen musste. Wolfsburg bekam einen Freistoß auf Höhe des Mittelkreises zugesprochen, der lange Ball flog in den Strafraum und landete schließlich bei Benedict, der aus zwei Metern zum 3:2 und somit zum Gesamt-Ausgleich eindrückte (90.+5).
Kuhn: Riesenkompliment an die Jungs
Elfmeterschießen. Baton Hajrizaj scheiterte mit dem ersten Versuch, alle anderen Schützen trafen. "Mir tut es extrem Leid für die Jungs", sagte Kuhn nach der Partie. "Es waren ein paar merkwürdige Schiedsrichterentscheidungen dabei und so kassieren wir durch drei Standards drei Tore." Auch beim ersten Wolfsburger Treffer war nicht klar, warum es nach Benedicts Pfostentreffer überhaupt einen Eckball gegeben hatte.
Wenige Sekunden fehlten also nur bis zum ersten Final-Einzug einer Hoffenheimer U17 seit 2008. "Ich will meiner Mannschaft trotzdem ein Riesenkompliment aussprechen, sie hat eine herausragende Saison gespielt und es ist sehr bitter, dass sie sie nicht mit einem Endspiel krönen kann." Die Hoffenheimer saßen noch Minuten nach dem Elfmeterschießen enttäuscht auf der Bank.
VfL Wolfsburg – TSG 1899 Hoffenheim 3:2 (0:1), 5:4 im Elfmeterschießen
Wolfsburg: Börner – Bürger (84. Schlothauer), Odogu, Klipphahn (46. Neininger), Celik – Köhler, Prokopp (46. Grzywacz) – Aslanidis, Bröger, Bosacki (46. Benedict) – Georgiadi.
Hoffenheim: Gebert – Girmann (84. Camara), Morel, Maier, Taschetta (69. Alagi) – Gabriel, Wähling – Makanda (67. Savvidis), Poller (84. Hajrizaj), Krasniqi – Faß.
Tore: 0:1 Makanda (7.), 1:1 Köhler (61.), 2:1 Georgiadi (72. Strafstoß), 2:2 Odogu (86., Eigentor), 3:2 Benedict (90.+5) / Elfmeterschießen: (Hajrizaj), 4:2 Georgiadi, 4:3 Gabriel, 5:3 Benedict, 5:4 Krasniqi, 6:4 Aslanidis, 6:5 Faß, 7:5 Bröger, 7:6 Savvidis, 8:6 Odogu. Zuschauer: 1.600. Schiedsrichter: Niklas Wich (Neukenroth). Karten: Gelb für Prokopp, Köhler, Bröger, Aslanidis, Odogu / Krasniqi, Wähling, Gabriel.