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U23
23.08.2022

Vincent Wagner: Der positiv Verrückte

Mit dem 36-jährigen Vincent Wagner hat sich die TSG auf der U23-Cheftrainerposition für einen Neuanfang entschieden – und dabei bewusst für einen Coach, der als studierter Lehrer über den Fußball hinaus Kompetenzen vorzuweisen hat, die für die Ausbildung talentierter Kicker nützlich sind. Das Porträt eines sicherlich nicht gewöhnlichen Trainers.

Ein entspanntes Lächeln auf den Lippen ist das eine Markenzeichen von Vincent Wagner. Ein grünes Armband am linken Handgelenkt das andere. Der neue Trainer der Hoffenheimer U23 macht in Gesprächen einen entspannten Eindruck. Erst recht, wenn es um sein Lieblingsthema Fußball geht. „Daran denke ich ohnehin seit Jahren 24 Stunden am Tag. Meine Familie ist in dieser Hinsicht leidensfähig, hat sich aber daran gewöhnt“, scherzt Wagner.

Es steht kein Glas auf dem Tisch beim Gespräch mit dem Coach, dafür aber eine Flasche, und sie ist halbvoll. Ein Sinnbild, möchte man meinen. Warum auch nicht? Druck, klar, der gehört auch für ihn dazu im Leistungssport. Der Umgang damit, findet Wagner, ist jedoch entscheidend. Sich nicht überrumpeln zu lassen, sondern positiv an seine Aufgaben heranzugehen, mit Freude, Leidenschaft und auch Dankbarkeit: Darum geht es dem 36-Jährigen, so möchte er sein Traineramt in Hoffenheim ausüben.

Elfmeterheld im DFB-Pokal – mit sachlichem Jubel

Um zur TSG zu wechseln, hat Vincent Wagner im Sommer seine langjährige sportliche Heimat verlassen. Bei Rot-Weiss Essen war der aus Nordhausen stammende Wagner so etwas wie eine Kultfigur. Wer dafür nach Belegen sucht, wird auf dem Videoportal YouTube fündig. Dort gibt es etwa Aufnahmen seines verwandelten Elfmeters in der ersten Runde des DFB-Pokals der Saison 2011/12 gegen den damaligen Zweitligisten 1. FC Union Berlin. Essen erreichte als Regionalligist dadurch die nächste Runde, gewann mit 6:5 nach Elfmeterschießen. Als seine Mitspieler jubelnd auf ihn losstürmten, mahnte er sie damals, vor elf Jahren, noch im Strafraum stehend, der Ball hatte im Tornetz das Rotieren gerade erst eingestellt, mit eindeutigen Handgestiken zur Contenance. Fast so, als wollte er ihnen mitteilen: Bitte nicht übertreiben, so groß ist die Sensation jetzt auch wieder nicht.

Weitere Videos zeigen ihn in Interviews, in denen er sowohl nach Siegen als auch nach deutlichen Niederlagen Stellung bezieht. Oft klare Kante zeigend, reflektiert, ein Stück weit auch schelmisch. „Positiv verrückt“, wie er es selbst ausdrückt.

Die Zukunft des verheirateten Familienvaters von drei Töchtern und studierten Sport- und Geschichtslehrers, der seinen Beruf nun ruhen lässt und mit der Familie nach Wiesloch gezogen ist, um erstmals komplett hauptamtlich als Cheftrainer arbeiten zu können, liegt nun in Hoffenheim. Die blau-weißen Talente entwickeln und bessere Ergebnisse in der Regionalliga Südwest erzielen – der Auftrag für die Saison ist klar. Wagner stellt sich ihm gerne.

In der jüngeren Vergangenheit hat er, der vor einigen Jahren auch schon als Co-Trainer beim VfL Bochum in der 2. Liga wirkte, bewiesen, dass er sportliche Herausforderungen meistern und auch überraschen kann. In der vergangenen Saison coachte er die U19 von Rot-Weiss Essen in der U19-Bundesliga West – und führte das Team auf den sechsten Rang. Was sich im ersten Moment vielleicht gar nicht so spektakulär liest, beeindruckt bei genauerer Betrachtung: Die Essener Junioren platzierten sich auf Schlagdistanz zum 1. FC Köln, VfL Bochum, Bayer Leverkusen und Schalke 04 – Borussia Mönchengladbach, Fortuna Düsseldorf und Arminia Bielefeld ließen sie sogar weit hinter sich.

Gegen Ende der Saison half Wagner dann noch mit, als Co-Trainer für zwei Partien den Aufstieg der Ersten Mannschaft in die 3. Liga zu fixieren. Kein Wunder also, dass, als kurz darauf sein Wechsel zur TSG verkündet wurde, zahlreiche positive – wenn auch aus Essener Fansicht mitunter traurig formulierte – Botschaften in den Sozialen Medien den 36-Jährigen begleiteten.

„Mir geht das Herz auf, wenn es härter zur Sache geht“

Selbst zählte er als Innenverteidiger zu jenen Typen, die immer alles gegeben haben auf dem Platz und bei denen das auch sichtbar war. Von seinen Spielern fordert er genau dies nun ebenfalls ein. „Mir geht direkt das Herz auf, wenn es im Spiel mal härter zur Sache geht, es auch mal knallt – natürlich im Rahmen des Erlaubten.

Das ist das, was unsere jungen Spieler lernen müssen in der Regionalliga“, betont Wagner, der auf die Frage, mit welchen Zielen er in die Saison 2022/23 geht, gerne antwortet: „Ich will Gas geben, am liebsten Vollgas – immer alles auf Sieg. Was dabei herauskommt, wird man dann sehen.“

Bliebe eigentlich nur eine Frage zu klären: Was genau hat es eigentlich mit dem grünen Armband auf sich? „Grün ist die Farbe der Hoffnung und meine Lieblingsfarbe. Auch mein Auto ist grün, ich habe immer etwas Grünes bei mir.“ In diesem Sinne: Die Hoffnung auf eine erfolgreiche Saison – Vincent Wagner lebt sie vor.

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