Dominik Weber: Leises Servus nach zehn Jahren
„Es ist mir alles andere als leicht gefallen“, sagt Weber. Doch zwei einschneidende Ereignisse in 2021 haben ihn zum Nachdenken gezwungen: Im März erlitt der gebürtige Heidelberger einen Herzstillstand, den er mit Glück überlebte und der eine Operation erforderlich machte. Ein halbes Jahr später ereilte ihn ein weiterer persönlicher Schicksalsschlag. „Das waren unschöne Momente, die mein Leben umgekrempelt und den Blick fürs Wesentliche geschärft haben. Ich habe schließlich den Entschluss gefasst, meinen Vertrag zum 31. Dezember auflösen zu wollen. Dabei bin ich auf Verständnis und Wertschätzung gestoßen, was mich sehr gefreut und mir sehr geholfen hat“, sagt der Zuzenhäuser, der sich bereits Anfang Dezember im Mannschaftskreis der U16 verabschiedet hat.
Anfänge als Student
Dominik Weber hatte in der A-Jugend noch selbst bei der TSG zwischen den Pfosten gestanden und seine Karriere später beim FC Zuzenhausen in der Verbandsliga fortgesetzt. Im Sommer 2011 nahm er als Student in den Fächern Mathe, Sport, Physik und Technik seine Tätigkeit als Torwarttrainer der U12 und U13 in der TSG-Akademie auf. In der Saison 2012/13 half er in der U23 aus, weil sich César Thier beim Busunfall in Namibia derart schwer verletzt hatte, dass er seinen Job nicht mehr ausführen konnte.
Für drei Spielzeiten coachte Weber anschließend die U16- und U17-Torhüter und absolvierte zeitgleich sein Referendariat an der Kraichgau-Realschule in Sinsheim. Von 2016 bis 2019 betreute er die U19-Keeper, eher er in die U16 zurückkehrte, um neben seinem Hauptberuf als Sport-, Mathe- und Physiklehrer an der Selma-Rosenfeld-Realschule in Eppingen auch mehr Zeit für die mittlerweile vierköpfige Familie zu haben.
„Definitiv wird da ein Loch sein, denn ich kenne es seit meiner aktiven Zeit nicht anders, als mehrmals in der Woche auf dem Fußballplatz zu stehen“, weiß Weber, der es aber auch nicht ausschließt, eines Tages die Handschuhe wieder aus dem Schrank zu holen. „Im Moment ist das jedoch der richtige Schritt.“
Aus seinen zehneinhalb Jahren bei der TSG nimmt der 36-Jährige viele schöne Erinnerungen und wertvolle Erfahrungen mit. Wie zum Beispiel die, als er zu Zeiten der „Trainingsgruppe zwei“ Tim Wiese trainieren durfte. „Da habe ich schon kurz geschluckt, weil ich nicht wusste, wie wohl der erfahrene Bundesliga-Profi und WM-Teilnehmer reagiert, wenn er am Sonntagmorgen mit einem jungen Kerl wie mir auf den Trainingsplatz muss“, schmunzelt Weber – und klärt auf: „Tim Wiese hat mich sehr wertschätzend behandelt und wir haben gut zusammengearbeitet.“
Gewinnbringende Gemeinschaft
Über die Jahre hat Weber viele Cheftrainer erlebt, die mittlerweile ihren Weg gemacht haben, wie etwa Frank Kramer, Domenico Tedesco, Marcel Rapp, Jens Rasiejewski, Danny Galm oder Kai Herdling. Mit Julian Nagelsmann teilte er einst das Büro. Und natürlich war da Michael Rechner, der Koordinator Torwarttraining der TSG-Akademie, der ihn einst nach Hoffenheim holte. „Michael ist ein klasse Mensch und über die Jahre ein enger Freund geworden.“ Dasselbe gilt für ehemalige TSG-Torwarttrainer-Wegfährten wie Steffen Krebs (VfB Stuttgart), Dennis Neudahm (1.FC Nürnberg) oder Fabian Otte (Borussia Mönchengladbach). „Wir wurden ja oft scherzhaft als ‚Sekte‘ bezeichnet. Ich kann aber nur sagen, dass wir eine besondere, für alle gewinnbringende Gemeinschaft waren“, so Weber, der sich über den Karriereweg seiner Ex-Kollegen freut. „Ich bin eher der Typ Sicherheitsmensch, der sich in seinem Lehrerberuf wohlfühlt und weiß, dass er den Torwarttrainerjob zwar liebt, ihn aber nicht ewig ausüben kann, weil er einem körperlich alles abverlangt.“
Besonders gerne denkt Weber an die Youth-League-Saison 2018/19 zurück, als er zwar beim Auftakt in der Ukraine (2:1 bei Schachtar Donezk) nicht dabei sein konnte, dann aber das komplette Abenteuer bis hin zum Final Four in der Schweiz mitbegleitet hat. „Höhepunkt für mich war das 3:3 in Lyon, wo unser Keeper Daniel Klein ein hervorragendes Spiel gemacht hat und wir bei einer bärenstarken Mannschaft einen Zähler mitgenommen haben. Und natürlich die Regenschlacht gegen Real Madrid, die niemand vergessen wird, der live dabei war.“
Lob für Luca Philipp
Auch über den Gewinn der Süddeutschen Meisterschaft 2018 im Fernduell mit dem FC Bayern München spricht Weber gerne: Das erlösende 1:1 kurz vor Schluss gegen den VfB Stuttgart und die Kunde der Münchner Niederlage in Augsburg sowie das anschließende Sonnenbad, das das Trainerteam auf der Terrasse des Leistungszentrums genoss, als es die Gefühlswelt zu ordnen versuchte und sich bereits auf das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft gegen den FC Schalke 04 einstellte.
Dominik Weber kann sich an jeden einzelnen Torhüter erinnern, dem er im zurückliegenden Jahrzehnt die Bälle um die Ohren geschossen hat. Neben Daniel Klein (FC Augsburg) hebt er zwei Schlussmänner hervor: Stefan Drljača, der 2016 „aus dem Nichts“ zur TSG kam und sich mittlerweile zu einer festen Größe bei Borussia Dortmund II entwickelt hat. Und Luca Philipp. „Der war lange Zeit nicht sehr groß, schmächtig, hat viel auf die Fresse bekommen und musste sich durch viele Widerstände kämpfen. Jetzt hat er einen Profivertrag und ist Stammtorhüter in der U23 sowie in der U21-Nationalmannschaft, was mich sehr für ihn freut.“
Seine ehemaligen Schützlinge wird Dominik Weber weiter aus der Ferne beobachten. Ansonsten wird er es etwas ruhiger angehen lassen und sich auf die Familie und den Beruf fokussieren. Die TSG-Akademie dankt Dominik Weber für über zehn Jahre leidenschaftliche Arbeit und wünscht ihm für den neuen Lebensabschnitt alles Gute!