Vorsprung durch Helix
Die alte Helix, obwohl oft bewundert, hat ausgedient. Mit der neuen Helix Arena entstand eine perfekte Weiterentwicklung, die noch mehr Möglichkeiten für das „Gehirntraining“ bietet. Wer die hochmoderne Anlage betritt, steht sogleich in einem Rundum-Kino. Dieses weltweit einzigartige 360-Grad-Kino ist während des Trainings für die Sportler nichts anderes als eine Art Spielfeld. „Mit der Helix Arena stellen wir neben Basistrainingsprogrammen auch eine futuristische Spielsimulation her. Diese hat einen extrem hohen Aufforderungscharakter. Die Sportler sollen am besten das trainieren können, worauf es im Spielsport ankommt“, sagt Prof. Dr. Jan Mayer, Geschäftsführer des TSG Research Labs und seit zwölf Jahren als Sportpsychologe bei der TSG Hoffenheim tätig. Anders als beim Helix-Vorgänger muss der Trainierende nun – wie auf dem echten Spielfeld – nicht nur im Blick haben, was vor ihm geschieht, sondern auch darauf achten, was sich hinter ihm abspielt.
Anspruchsvoller als die alte Helix
Die Aufgabe in der Helix Arena, die zusammen mit der Firma Anton Paar SportsTec aus dem österreichischen Graz entwickelt wurde, ist damit viel anspruchsvoller als die alte 180-Grad-Vorrichtung, so wegweisend auch diese schon war. Und der Trainingseffekt, davon gehen Jan Mayer und seine Mitarbeiter des Research Labs aus, soll noch größer werden. „Es geht weiterhin um die Verbesserung der exekutiven Funktionen. Mit der neuen Helix sollen die Spieler ihr Leistungspotenzial noch mehr ausschöpfen können“, sagt Jan Mayer. Für ihn ist das Themenfeld der Exekutiven Funktionen, einem Begriff aus der Hirnforschung und Neuropsychologie, schon lange ein Spezialgebiet. Der Diplom-Psychologe formuliert die Zielsetzung griffig: „Wie wird man schneller im Kopf?“ Dafür wurde mit der Helix Arena das bisher aufwendigste Trainingsgerät geschaffen.
Max Geschwill, Linksverteidiger der U19, ist Mitte März der erste TSG-Spieler, der die Helix Arena kennenlernen darf. „Das ist schon sehr beeindruckend. Und viel realitätsnäher als die alte Helix“, sagt der 18-Jährige. Jan Spielmann, Mitarbeiter des TSG Research Lab, lässt ihn mehrere Tests absolvieren. Jan Spielmann steuert alles über ein iPad, für Max Geschwill beginnen nun fünf verschiedene Trainingsprogramme.
Das erste heißt „Multiple Object Challenge“ und ist die Weiterentwicklung einer Prüfung, der sich schon viele TSG-Spielerinnen und -Spieler in der alten Helix gestellt haben. Roboter in zwei verschiedenen Farben laufen kreuz und quer an den Wänden des Raums mit seinen sechs Metern Durchmesser. Die Aufgabe lautet, zwei vorher bestimmte Roboter bis zum Spielende zu verfolgen. Das erfordert höchste Konzentration, weil die beiden sich farblich nicht unterscheiden von anderen Figuren, die ebenfalls ebenfalls kreuz und quer laufen. Max Geschwill löst die Aufgabe dennoch locker und bestimmt die beiden richtigen Kandidaten, indem er den Remote Controller, eine „Fernbedienung“, auf sie richtet und mit einem Klick markiert. „Du hast ja auch viel trainiert in der alten Helix“, sagt Jan Spielmann anerkennend.
Im nächsten Level bewegen sich die Figuren noch schneller, bei jedem neuen Start nimmt die Geschwindigkeit zu. „Wir möchten, dass die Trainierenden ihre optimale Trainingsleistung erreichen, also ihr Leistungspotenzial bis zum Limit ausschöpfen. Mit kontinuierlichem Training können sie sich dann wirklich verbessern“, sagt Spielmann.
Exakte Dokumentation der Fortschritte
Alle Fortschritte können natürlich exakt gemessen und bei Bedarf über Jahre hinweg dokumentiert werden. Die Simulation liegt darin, dass auch in einem echten Fußballspiel auf Topniveau permanent die Aufmerksamkeit hochgehalten werden muss – wie bei einer solchen Szene: Ein Innenverteidiger dreht sich zum eigenen Torwart, um von ihm einen Ball aufzunehmen. Gleichzeitig verfolgt er, meist instinktiv, wo sich seine Abwehrkollegen aufhalten, die er vermutlich gleich anspielen muss. Am besten dreht er auch einmal den Kopf kurz, um im Zweifel zu erfassen, ob ein gegnerischer Stürmer ihn stören könnte. Exakt dieser Rundumblick, das intuitive Erfassen der Situation, ohne bewusstes Nachdenken, kann neben anderen Fähigkeiten in der Helix Arena trainiert werden.
Dass in dem Programm Roboter und nicht Fußballspieler dargestellt werden, hat einen Grund. „Die Helix ist bewusst kein rein fußballspezifisches Tool, sondern kann als Trainingsgerät übergreifend eingesetzt werden“, betont Jan Mayer. So sind derzeit Trainingsstudien mit Schlaganfall-Patienten geplant, welche dadurch auf den Alltag wie beispielsweise das Verhalten im Straßenverkehr vorbereitet werden sollen. Max Geschwill hat nach der Roboter- Challenge weitere Prüfungen mit den Namen „Numbers“, „Match“ und „Sphere“ gemeistert, in denen es unter anderem um das „räumliche Arbeitsgedächtnis“ und „schnelles Umschalten“ ging.
Wie so oft kommt das Beste zum Schluss: Das Top-Programm heißt Neo360, es wurde von der Münchner Firma Aesir Interactive entwickelt, einem der führenden und besonders kreativen Entwickler von Virtual Reality-Spielen. Als Jan Spielmann es startet, wird die Helix Arena zu einer Gaming Halle der Extraklasse. Die Firma Anton Paar, die auch das Footbonaut-ähnliche Gerät skills.lab herstellt, hat neueste Beamer-Technik und supermoderne Sound-Technik verbaut. Die Projektion auf die Wände erfolgt in 3D, VR-Technologie sorgt für eine erstaunliche Tiefe der Bilder. In den Trainingsprogrammen steckt Künstliche Intelligenz, um sie perfekt auf jeden Nutzer individuell abzustimmen.
Max Geschwill, eingetaucht in eine futuristische Welt, muss den Ball, der die Form eines Diskus hat, nun mit dem Remote Controller zu seinen Mitspielern passen. Das Problem: Die Mitspieler, die sich in unterschiedlicher Entfernung mal schneller, mal langsamer, von beiden Seiten auf ihn zu bewegen, werden durch Gegenspieler abgeschirmt, die nur für sehr kurze Phasen eine Anspielmöglichkeit eröffnen. Geschwill muss andauernd checken, wann er seine Pässe spielen kann. Die Rückmeldung, ob sie angekommen sind oder abgefangen wurden, erreicht ihn sofort über die eindrucksvolle Soundkulisse. Jan Spielmann steht außerhalb der Helix Arena und beobachtet alles auf einem Bildschirm, wo das Geschehen im Inneren aus der Vogelperspektive erscheint. So kann die Performance zeitgleich beobachtet und später analysiert werden.
„Man achtet zum Beispiel darauf, wie sehr die Spieler den Kopf und den Oberkörper drehen, wie sehr sie sich in einer guten Vorbereitungshaltung befinden, um die Spielsituation zu erfassen und angemessen zu reagieren“, erläutert Jan Spielmann.Vor der Helix Arena befinden sich also die Wissenschaftler, denen es um Objektivität und messbare Ergebnisse geht. Innen tauchen die Spieler in eine virtuelle Realität ein – ähnlich wie es E-Sportler oder Gamer erleben. Dass auf Neo360 der in der Gamer-Szene bekannte Begriff „immersiv“ zutrifft, dass man also komplett eintaucht, ist gewollt, um die Trainingseffekte nachhaltig zu machen.
„Wir wollten ein Spiel, auf das die Jungs richtig Bock haben. Sie sollen sich wie in einer Arena fühlen, so dass Lust und Freude entstehen. Und dabei können sie eben auch noch lernen, worauf es beim Spielsport ankommt“, sagt Jan Mayer. Mit VR-Brillen, die im Research Lab ebenfalls eingesetzt werden, sind zwar ähnliche Effekte zu erzielen, aber mit den Brillen bewegen sich die Spieler anders. Das periphere Sehen, das Wahrnehmen und Erfassen von Bewegungen „aus dem Augenwinkel“, funktioniert in der Brille nur, wenn man Kopf und Oberkörper viel mehr dreht. Damit ist die VR-Brille für das optimale Sportspiel- Training der exekutiven Funktionen nur zweite Wahl, auch weil bei deren Nutzung die „VR-Krankheit“ mit Übelkeit und Gleichgewichtsstörungen auftreten kann.
Die Helix Arena dagegen wird von Beginn an bereits von Außenstehenden genutzt. Mediziner aus Heidelberg kamen mit Schlaganfall-Patienten, um durch die neuen Impulse Fortschritte bei der Rehabilitation zu machen. Polizisten sollen demnächst in der hypermodernen Konstruktion trainieren, um sich auf brenzlige Situationen vorzubereiten, die man in der Realität nur schwer trainieren kann. Weitere externe Anfragen liegen bereits vor, Kooperationen mit anderen Institutionen und Firmen werden geplant oder sind angedacht. Das Projekt ist also nicht rein im Fußball zu verorten, sondern soll auch einen Erkenntnisgewinn für andere Felder der Gesellschaft liefern. Ziel ist es, in den nächsten Monaten „einen Beipackzettel“, wie Jan Mayer sagt, für die neue Helix zu verfassen, also ein Handbuch für die Anwendung.