Huub Stevens - Wenn das Feuer wieder brennt...
Knappe zwei Stunden wird das Training an diesem Herbstnachmittag dauern, das erste Training mit dem neuen Coach. Für Stevens geht es in diesen Stunden in erster Linie darum, zu beobachten, seine neue Mannschaft kennenzulernen. "Ich muss mir ein Bild machen, sehen, was jeder einzelne kann", sagt er. Die Hauptarbeit – Übungen aufbauen, Anweisungen geben – macht an diesem Tag sein Assistent. Alfred Schreuder, auch Niederländer, kam mit Stevens zur TSG. Schreuder spricht deutlich, klar. Und laut. Auf Englisch. Für Schreuder ist es die erste Station in Deutschland. Die bisherige Trainerkarriere des 42-Jährigen ist kurz, er war zuvor in seiner Heimat aktiv. Die Übungen unterbricht oder beendet er mit der Trillerpfeife.
Die Spieler sind konzentriert, gelacht wird trotzdem. Beim Athletik-Programm wechselt der 61-Jährige ein paar Worte mit Kapitän Pirmin Schwegler, witzelt mit Tarik Elyounoussi herum. Als Stevens die Spieler zur Ansprache auf dem Platz zusammenruft, fällt auf: Er steht nicht in der Mitte, er reiht sich in den Kreis ein und bittet sein neues Team, näher zusammenzurücken. "Ich rette niemanden alleine. Das geht nicht. Ich kann keine Tore schießen und die Bälle nicht halten. Das müssen wir alle gemeinsam machen", erklärt Stevens.
Erfahrung - beinahe ohne Ende
Erst am vergangenen Samstag wurde Stevens der Job bei der TSG angeboten. Dietmar Hopp, Sportdirektor Alexander Rosen und Geschäftsführer Dr. Peter Görlich sind in die Niederlande gereist, um ihn zu überzeugen. "Er war sehr gut vorbereitet und sofort im Thema drin", erzählt Rosen. Ein kurzes Zögern, dann hat Stevens schnell Ja gesagt. "Ich musste erst noch mit meiner Frau sprechen. Sie hatte andere Gedanken für mich", sagt der Fußballlehrer mit einem Lachen. "Aber sie kennt mich und hat gespürt, dass wieder etwas in mir brennt."
Vier Monate hat Stevens seit seinem letzten Engagement beim VfB Stuttgart zu Hause verbracht. Der Fußball war auch in der freien Zeit sein ständiger Begleiter. Wenn Fußball im Fernsehen gezeigt wird, schaut der Coach zu. "Ich bin ein Fußballliebhaber. Und wenn an einem Abend drei Spiele gezeigt werden, schaue ich mir eben drei Spiele an." Auch deshalb macht Stevens immer weiter. Der Erfolg gibt ihm Recht. In der Bundesliga stand er über 350 Mal an der Seitenlinie, in der niederländischen Eredivisie 199 Mal und auch in Österreich stand der 61-Jährige schon unter Vertrag. Mit dem FC Schalke 04 wurde er zweimal Deutscher Pokalsieger und einmal UEFA-Cup-Sieger. Mit der Hertha Deutscher Ligapokalsieger und den VfB rettete er in den letzten beiden Spielzeiten vor dem Gang in die zweite Liga.
Es geht nur im Team
Dieses Ziel hat Stevens nun auch in Hoffenheim. Die Aufgabenstellung ist klar: in der Liga bleiben, das sei die erste Aufgabe. "Das wird keine leichte Aufgabe. Der Kader ist die Situation nicht gewohnt, aber sie müssen sich daran gewöhnen." Auch in diesen Sätzen wird wieder deutlich: Stevens kann und wird diese Aufgabe nicht alleine erledigen. Er braucht das Team. Ein Team, das zusammenhält. Erste Ansätze dazu hat Stevens bei seiner Vorstellung verraten: Wir wollen die Spieler spielen lassen, was in ihnen steckt."
Auf Stevens und seinen Co-Trainer Schreuder warten in den kommenden Tagen und vor dem Spiel beim 1. FC Köln viele Entscheidungen. Wer spielt, wie wird gespielt, wer kann überzeugen? Stevens hat sich für die TSG entschieden. Er ist erfahren, weiß um sein Können und kann eine Mannschaft wieder aufrichten. Stevens hat es mehrfach bewiesen. "Die Entscheidung ist schnell gefallen", sagt er und ergänzt: "Ich hoffe, es wird gut."