Nitzl & Heiland: Zwei Bayern im Kraichgau
Sie frotzeln sich, sie lachen zusammen und sie helfen sich gegenseitig fernab der Heimat. Dass sich Alexander Nitzl und Tobias Heiland, die beiden Sommerneuzugänge der U19 vom FC Bayern München, richtig gut verstehen und nicht nur aufgrund ihrer parallel verlaufenden Vita zwangsweise ein Gespann bilden, wird jedem Beobachter, der sich mit den beiden 2000er-Talenten in einem Raum befindet, schon nach kurzer Zeit klar.
„Es war wirklich super für mich, als ich gehört habe, dass Tobi auch nach Hoffenheim wechselt“, sagt Nitzl, der sich als erster von den beiden für einen Wechsel zur TSG entschied. Seit der U14 hatte der Verteidiger zuvor das Bayern-Trikot getragen, nachdem er als D-Jugendlicher bei einem Turnier seines Heimatvereins TSV Neuried aufgefallen war und sich im Probetraining an der Säbener Straße bewiesen hatte. Für seinen damaligen Klub war das eine große Sache. „Zuvor waren schon einige andere Neurieder Spieler mal beim Probetraining der Bayern, aber ich war damals der erste, der genommen wurde“, sagt Nitzl, der aus einer fußballbegeisterten Familie stammt und vor allem durch seinen großen Bruder Tobias früh Feuer und Flamme fürs Kicken war.
Gemeinsam seit der U15
Bei Tobias Heiland war das etwas anders: „Ich habe schon mit vier Jahren beim TSV Murnau angefangen, Fußball zu spielen, aber meine Eltern mussten mich am Anfang etwas überreden“, erzählt der gebürtig aus Garmisch-Partenkirchen stammende Mittelfeldspieler schmunzelnd. In Murnau fand Heiland jedoch schnell Gefallen am Fußball – und er war besser als seine Mitspieler. Das merkte nicht nur er. Nach der U11 wagte Heiland einen ersten großen Schritt und wechselte zum TSV 1860 München, was bedeutete, dass er fortan immer eine Dreiviertelstunde Anfahrt zum Training hatte. Im Trikot der Löwen fiel der quirlige Mittelfeldspieler auch dem großen Lokalrivalen der Sechziger auf und in der U15 tauschte Heiland dann das blaue gegen das rote Trikot.
„Am Anfang habe ich ihm schon ein paar Sprüche gedrückt, weil er von Sechzig kam“, erinnert sich Nitzl, der zu diesem Zeitpunkt bereits ein Jahr beim FC Bayern spielte. „Aber, dass er kicken kann, wusste ich natürlich schon.“ Kicken konnten sie beide so gut, dass sie auch bei den Bayern zu den Besseren zählten. Schon als U16-Spieler gehörten sie fest zum U17-Bundesligateam des Rekordmeisters und Nitzl war sogar Co-Kapitän bei den Älteren.
Vor 67.000 Zuschauern gegen Brasilien
Eine ganz besondere Saison war für beide die Spielzeit 2016/17 – also ihr reguläres U17-Jahr. Souverän sicherten sich die Bayern damals die Süddeutsche und später im Finale gegen Werder Bremen auch die Deutsche B-Jugend-Meisterschaft. „Das Finale haben wir im Grünwalder Stadion gespielt und es waren viele Bayern-Fans da. Nach dem Spiel stand ich auf dem Zaun und habe mit ihnen Humba angestimmt. Das war schon etwas Besonderes“, erzählt Nitzl.
Für den Innenverteidiger hatte das Jahr 2017 jedoch noch ein anderes Highlight parat. Bereits seit der U15 war Nitzl regelmäßig für die DFB-Nachwuchsmannschaften nominiert worden und im Mai hatte er sich mit der deutschen U17 bei der EM in Kroatien für die WM in Indien qualifiziert. Im Oktober war es dann für das Team um Kapitän Fiete Arp (Hamburger SV) soweit. In allen drei Gruppenspielen gegen Costa Rica (2:1), den Iran (0:4) und Guinea (3:1) spielte Nitzl durch und auch beim klaren 4:0-Erfolg im Achtelfinale gegen Kolumbien verpasste der gebürtige Oberbayer keine Minute.
Im Viertelfinale ging es für die DFB-Auswahl dann gegen Brasilien, das unter anderem mit dem heutigen Leverkusen-Profi Paulinho antrat. In der 100.000-Einwohner-Stadt Kalyani fanden knapp 67.000 Zuschauer den Weg in das städtische Stadion. „Es war wahnsinnig laut. Die Inder haben eine besondere Beziehung zum brasilianischen Fußball und deshalb war das ganze Stadion für Brasilien. Für uns war das ein ziemlicher Ansporn, aber umso größer war dann nach der Niederlage die Enttäuschung.“
„Bei der TSG war alles so persönlich und individuell“
Heiland gehörte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zum DFB-Aufgebot des Jahrgangs 2000, nachdem er in der U16 noch regelmäßig zu Lehrgängen und Länderspielen eingeladen worden war. Im ersten U19-Jahr war der Mittelfeldspieler vor allem mit der Rückrunde unzufrieden. Nachdem er in der Hinrunde noch Stammspieler gewesen und häufig auch als Außenverteidiger zum Einsatz gekommen war, brachte FCB-U19-Trainer Sebastian Hoeneß in der zweiten Saisonhälfte Heiland immer häufiger nur noch als Joker.
Schon vorher war bei dem Garmisch-Partenkirchener der Gedanke gereift zu wechseln. Ähnlich erging es Nitzl, der zwar fast immer spielte, aber bei einem anderen Klub bessere Chancen für seine Entwicklung sah. Dass dieser Klub die TSG Hoffenheim sein würde, war Nitzl schon beim ersten Besuch im Kraichgau klar. „Es war hier alles so persönlich und individuell ausgerichtet. Die ganze Ausbildung bei der TSG hat Hand und Fuß und man versucht, sich individuell mit mir zu beschäftigen. Das kannte ich so vorher nicht.“
Auch Heiland war von der TSG als seinem neuen Klub schnell überzeugt: „Mein Gefühl hat für Hoffenheim gesprochen, denn hier habe ich das Vertrauen gespürt. Außerdem habe ich mir überlegt, wo ich wohl in drei Jahren der bestmögliche Fußballer werden kann.“ Die Antwort war für Heiland klar: in Hoffenheim.
Heiland in jedem Spiel in der Startelf
Das familiäre Umfeld bei der TSG sagt beiden auch fünf Monate nach ihrem Wechsel noch sehr zu. „In der Mannschaft wurden wir super aufgenommen. Ein paar Spieler kannten wir ja schon – zum Beispiel Samu Lengle durch die gemeinsame Zeit beim DFB. Andere sind direkt auf uns zugegangen“, erzählt Nitzl. So habe etwa Tim Linsbichler gleich nach dem Bekanntwerden des Wechsels von Nitzl seinen zukünftigen Mitspieler angeschrieben, um ihm mitzuteilen, dass er ihm alles in Hoffenheim und bei der TSG zeigen kann. „Das fand ich super und spricht einfach für das familiäre Miteinander hier“, so Nitzl.
Nach einem holprigen Start der U19 läuft es nun auch für Heiland und Nitzl bei der TSG gut. Heiland stand bislang sogar in jedem der 19 Saisonspiele in der Bundesliga, dem DFB-Pokal und der Youth League in der Startelf. In schmerzhafter Erinnerung sind den beiden jedoch noch die Duelle mit ihrem Ex-Klub. Sowohl in der Liga (0:5) als auch im Pokal (1:3) gab es klare Niederlagen. „Das tat schon weh, aber damals waren wir noch nicht auf unserem aktuellen Niveau“, sagt Heiland, der sich ebenso wie Nitzl für das dritte Duell am kommenden Samstag einiges vorgenommen hat.
Fernab der Heimat sind die beiden Neuzugänge von den Bayern auch persönlich längst angekommen. Auch aufgrund ihrer offenen und freundlichen Art wurden sie schnell Teil der TSG-Gemeinschaft. Ihre Familien fehlen Nitzl und Heiland aber selbstverständlich trotzdem: „Natürlich ist es vor allem am Anfang nicht einfach, so weit von Zuhause weg zu sein“, sagt Nitzl und klopft Heiland, seinem Kumpel seit U15-Tagen, auf die Schulter. „Aber hier habe ich ja auch meine Familie.“
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